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Passion, Kantate und Psalm

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Zweimal J. S. Bachs „Matthäus- Passion“: in großer Besetzung unter Heinz Wallberg (Singverein, Symphoniker, Wiener Sängerknaben) mit Franz Schütz an der Orgel — und in wesentlich schlichterem Aufgebot unter Xaver Meyer (Madrigalchor St. Veit, Schülerchor der Bundesrealschule Wien III und Volksopernorchester). Die Qualität der Wiedergabe war in beiden Aufführungen, besonders hinsichtlich der chorischen Leistungen, ausgezeichnet; exakt, geistig und musikalisch gediegen. Unter Wallberg , festliches, unter Meyer mehr gottesdienstliches Erlebnis in der richtigen Voraussetzung, daß man dem Kern des gewaltigen Werkes nur vom Gottesdienst her wirklich nahekommt. Unter den Solisten gab es beiderseits keine stilistische Einheit. Anton Dermota ist wohl nach Julius Patzak der beste Evangelist; er war es in beiden Aufführungen. Von den anderen Solisten bot Hilde Rössel-Majdan die stilistisch beste Leistung. Das Erfreulichste: beide Darbietungen hielten sich von aller äußerlichen Überbetonung fern: die eine von konzertanter Überblendung, die andere vom Historizis-mus. Und beide boten mehr als die große Leistung: die große Besinnung. x

Zur Besinnung führte auch Hans Gillesberge r in seinem Chorkonzert neuer Musik (Wiener Kammerchor). Die Messe G-dur von Francis P o u 1 e n c bedeutet kirchenmusikalisch zwar nicht Neuland, ist aber in ihrer aparten persönlichen Profilierung von eigenartigem Reiz und (besonders im Agnus) spürbar auf der Suche nach einem neuen liturgischen Musikstil. Anton von W e b e r n's 1. Kantate für Sopran, gemischten Chor und Orchester, auf schwer verständliche Texte von Hildegard Jone komponiert, stellt große Anforderungen an Ausführende und Hörer, ist aber doch für alle, die guten Willens sind, in ihrer einsamen Höhe als knappste Form musikalischer Aussage, deren Gewicht von Tönen, nicht von Melismen getragen wird, erkennbar. In den drei Chören von Arnold Schönberg erlebt der faszinierte Hörer die geistige Tiefe der „Dreimal tausend Jahre“ in immer stärkerem Maße im „De p r o f u n d i s“ und dem Fragment „Der erste Psalm“. Hier vergißt man die Problematik von Stil und Dodekaphonik, weil das künstlerische Erlebnis stärker ist als die Form. Gillesberger und sein Kammerchor haben in der Wiedergabe Außerordentliches gegeben.

Außerordentliches gab auch Giulietta Simio-n a t o an ihrem Arien- und Liederabend. Elegant wie ihre Erscheinung ist auch ihr Gesang: gekonnt, versiert, bewußt in Phrase und Wirkung. Da sie sich freigesungen hatte, perlten die kleinen Arien nur so und erreichten im schelmischen Plapperton ihre frischbeste Unmittelbarkeit, besonders bei de Falla und Granados. Aber auch der ernste Ton liegt ihr (Respighi, Bellini). Auf dem Programm standen Gesänge von 15 Komponisten, darunter auch von Händel und Mozart.

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