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Am Beispiel der Touristenseelsorge
April 1978. Als Folge meiner vorjährigen Untersuchungen über die Touri-stenseelsorge nehme ich an einer Tagung im Augustiner Chorherrenstift in Brixen teil.
Das, was mich gerade in einem Gespräch mit einem evangelischen Pfarrer in einem sozialistischen Land tief-stens beeindruckt hat, wiederholt sich auch hier: nicht die Institution Kirche überzeugt, sondern die Art und Weise, wie Menschen versuchen, nach dem Vorbild Chrüti zu leben.
„Ich will die Leute merken lassen, ich versuche, Ihnen vorzuleben, daß Jesus, Gott, auch auf dem Campingplatz da ist“, sagte ein Priester während dieser Brixener Tagung.
Auch der evangelische Pfarrer tat dies, ohne viel Schutz, ja nur versehen mit dem Schutz seiner Persönlichkeit
Hier werden Theorie und Praxis überbrückt. In der konkreten Praxis wird Theorie erlebt
Die Substanz des Christentums wird erst hierdurch ersichtlich und mitteilbar.
Während meiner Untersuchungen über die Arbeit der Touristenseelsorge in Kärnten hab ich gesehen, wie äußerst schwierig diese Aufgabe ist, und daß es starke Persönlichkeiten verlangt, um sie erfüllen zu können.
„Manche Leute haben einfach keine Antenne“ seufzte ein Teilnehmer in Brixen. Die Touristenseelsorge kann sich aber mit einem solchen Seufzer nicht begnügen und muß suchen und suchen, bis die gute Wellenlänge gefunden ist.
Die Touristenseelsorge befindet sich damit in vorderster Front der modernen Kirche. Ob sich die Kirche dessen auch immer bewußt ist ist eine Frage, die auch in Brixen im Raum stand.
In der Touristenseelsorge erfüllt die Kirche aber ihre primäre Aufgabe, indem sie völlig ungeschützt die Begegnung mit Menschen unterschiedlichster Auffassung sucht und zugleich zeigt wie lebendig und flexibel die Antwort Christi auf Fragen unserer Zeit ist.
Diese Grundhaltung sollte auch jene
bestimmen, die heute oder morgen mit Führungsaufgaben betraut sind oder werden. Die Frage unserer Studenten nach einer starken und ehrlichen Praxisorientierung ist in dem Rahmen ein gutes Zeichen. Keineswegs soll dies heißen, daß sie sich vor der Theorie sträuben. Was sie verlangen, ist, daß die Relevanz der Theorie für die Praxis in Frage gestellt wird. In Projektarbeit, in Feldstudien soll die Bedeutung theoretischer Erkenntnisse konkret erlebt werden.
Nur so kann sich eine neue Führungsgeneration vorbereiten auf die gravierenden Probleme, mit denen sie bereits konfrontiert ist und auch weiterhin sein wird.
Das Operationalisieren theoretischer Erkenntnisse, das Suchen nach praktikablen Lösungen mit höchster Kreativität, verlangt nicht nur Wissen, sondern auch starke Persönlichkeiten.
Leider muß festgestellt werden, daß die Persönlichkeitsbildung auf unseren westlichen Universitäten zwar festgelegt im ersten Paragraphen des AHStG, eher dem Zufall überlassen wird.
Dies im scharfen Gegensatz zu den sozialistischen Ländern, wo mit einer ungeheueren Systematik die Persönlichkeitsbildung gesteuert wird.
Haben wir denn wirklich nichts, aus dem wir schöpfen können? Mit unseren Studenten ließe sich aber genauso arbeiten wir im Osten. Sie sind gesprächsbereit, wie die Touristen auf den Campingplätzen. Durch ihre Praxisorientierung sind viele Türen geöffnet.
Vielleicht ist auch für die Universitäten die Zeit gekommen, wo eine Touristenseelsorge vonnöten ist!
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