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Ampel um 10 Millionen

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Allein die Straße für General Motors kostet mehr, als der Bund 1982 für die Förderung der Regionen Fürstenfeld, Burgenland-Süd und Kirchdorf auslegen will.

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Allein die Straße für General Motors kostet mehr, als der Bund 1982 für die Förderung der Regionen Fürstenfeld, Burgenland-Süd und Kirchdorf auslegen will.

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Universitätsprofessor Günther Tichy sah den beschäftigungspolitischen Aspekt eines österreichischen Werkes von General Motors (GM) schon immer differenziert: „Ein Automobil- oder Computer-Assembling mag zwar beim Endprodukt hohe Technologie und Bedarf an qualifizierten Ar-

beitskräften Vortäuschen, ist aber jederzeit in Entwicklungsländern genauso möglich wie in Österreich.“

Stimmt.’ Nur können Entwicklungsländer nicht so großzügig sein: Nach dem Willen der Regierung Kreisky erhält der US-Kon- zern 2,6 Milliarden Schilling aus österreichischen Steuergeldern geschenkt, eine runde Million je Arbeitsplatz, die zu zwei Dritteln nur an- oder ungelernten Kräften Beschäftigung bieten.

Und zudem haben sich Bund und Wien bereit erklärt, GM für etwa 700 Millionen Schilling gratis die Infrastruktur zur Verfügung zu stellen: 215,1 Millionen

Schilling der Bund, 671 Millionen Wien.

Der Bund wird wohl noch legerere Spendierhosen anlegen müssen: Es hat den Anschein, daß auch in diesem Fall die Kosten da- vonlaufen.

Denn allein für die notwendige Neutrassierung der Bundesstraße 3 (Ortsumfahrung Asparn bei Wien) setzt das Bautenministerium einen „Erfahrungswert“ von 200 Millionen Schilling ein.

Und weil der Neubau auf sich warten läßt, muß um 1,4 Millionen Schilling eine provisorische Baustraße errichtet werden.

Dazu kommt noch die Errichtung einer ampelgeregelten Straßenkreuzung bei der Werksausfahrt mit dem stolzen Preis von fast zehneinhalb Millionen Schilling.

Da sich der Bund außerdem verpflichtet hat, dem General- Motors-Werk auf dem Gelände des ehemaligen Flugplatzes Wien-Aspern kostenlos die Stromzuleitung zur Verfügung zu

stellen, wird mit den dafür notwendigen 6,5 Millionen Schilling der veranschlagte Betrag bereits überschritten.

Die nächste Kostenexplosion bahnt sich an: Denn außerdem wurden bereits 2,14 Millionen Schilling für die Untersuchung des Baugeländes nach archäologischen Funden aus dem Staatssäckel aufgewendet.

Fast 400.000 Schilling wurden zudem für die eigentliche Baustellenzufahrt ausgelegt, und über 600.000 Schilling gingen für die Wasserbaumaßnahmen am Industriegelände auf, ebenfalls ein Geschenk der Republik.

Absehbar sind schließlich noch weitere 1,1 Millionen Schilling, die die Errichtung von Sickergruben verschlingt.

Mit der vorläufigen Zwischensumme von über 222 Millionen Schilling kann aber noch immer nicht das Auslangen gefunden werden:

Die Steuerzahler müssen auch noch für die Verlegung der Fernschreib- und Fernsprechanschlüsse bis an die Mauern des neuen GM-Verwaltungsgebäudes auf kommen. Und schließlich wer-

den sie auch noch für die Verlegung einer Anschlußbahn durch die ÖBB zur Kasse gebeten. Der am 13. Februar 1980 abgeschlossene Vertrag über die Infrastruktur läßt durch seine unpräzise Formulierung durchaus böse Überraschung zu: „Die Republik verpflichtet sich, ungefähr 50 Prozent der Kosten für die Anschlußbahn zu übernehmen.“

Und wenn die Regierung nicht selbst Krampen und Schaufel zur Hand nimmt, müssen letztlich umsonst Lärmschutzböschungen errichtet werden.

Daß General Motors das Grundstück auf 99 Jahre gratis bekommen hat, verwundert da nicht mehr.

Kein österreichisches Unternehmen und keine österreichische Region kann sich ähnlicher Beliebtheit bei der Regierung erfreuen.

Zum Vergleich: Den Regionen Fürstenfeld, Burgenland-Süd und Kirchdorf bietet der Bund im Budget 1982 eine Förderung von 166 Millionen Schilling an. Dieses Geld reicht bei General Motors nicht einmal aus, um eine Straße zu bauen.

In diesen Regionen gibt es für jeden neuen Arbeitsplatz eine Prämie von 100.000 Schilling. GM wird mit dem zehnfachen Betrag

gesponsert.

Damit das Mißverhältnis nicht noch größer wird, wäre es hoch an der Zeit, die Kostenentwicklung der Bundesleistungen beim GM- Projekt unter die Lupe zu nehmen: Die ersten Recherchen stimmen mißtrauisch.

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