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Anspruchsvolle Sommerkonzerte

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Das bisher qualitativ beste Arkadenkonzert der Sommersaison verdankte man den Tonkünstlern unter Heinz Wallberg. Durch die Aufnahme von Regers so selten aufgeführter „Ballett-Suite“ bot es aber auch programmäßig einen hohen Genuß: Es ist kaum glaublich, daß der eminente Kontrapunktiker und Fugenmeister Reger ein Tanzpoem schreiben konnte, welches einen staunensr werten Reichtum an Einfällen des sonst nicht sehr melodienseligen Komponisten aufweist. Wallberg, der richtige Mann für die Interpretation des Werkes, stellte den fröhlichen Fanfaren des „Entree“-Marsches im „Valse d'amour“, in dem etwas von Schubert und Johann und Richard Strauss lebt, das Wiegen des verliebten Pierrot-Pierette-Paares fast greifbar gegenüber. Und dem Presto-Finale gibt er das Feuer einer ^spritzigen Tarantella. Da in der Ergänzung des Konzertprogram-mes sowohl Beethovens 1. als auch Brahms 3. Symphonie eine hervorragende Wiedergabe erfuhren, war der nicht enden wollende Beifall wohlverdient.

Das ORF-Orc/iester spielte unter der energischen, aber allzu handfesten Leitung Milan Horvats die „Haydn-Vatiiationen“ von Brahms sowie Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“. Alfred Uhls „Konzertante Symphonie für Klarinette und Orchester“, aus dem Jahr 1944 stammend, ist das einfallsreiche, ernste und heitere Stimmungen vereinigende Werk eines unserer besten heimischen Gegenwartskomponisten. Es hätte allerdings eine delikatere Präsentierung des orchestralen Partes verdient; ausgezeichnet war dagegen der virtuos blasende Solist Ottokar Drapal.

Im Theater an der Wien hörte man Händeis selten aufgeführtes Oratorium „Salomo“, für dessen im allgemeinen gute Wiedergabe sich fünf am zu Ende gegangenen Symposion beteiligte Amerikachöre, das Bratislava-Radio-Orchester und ein SoZi-stenquintett einsetzten. Der dem Oratorium zugrunde liegende Handlungsstoff (Liebes- und Eheglück Solomons), sein Richteramt und ein Sängerfest zu Ehren der Königin von Saba) entbehrt der Dramatik und teilt dadurch den Arien und Rezita-tiven ein geringeres Gewicht zu als den großen Ohorszenen. Kompositorisch halten melodischer Erfindungsreichtum und Anwendung kunstvoller Fugen- und Doppelfugenchöre einander die Waage. Günther Theu-ring als erfahrener Dirigent großer Vokalensembles hatte in fleißiger Symposionarbeit eine klanglich homogene Singgemeinschaft zusammengeschweißt; sie zeichnete sich durch frische Stimmen, saubere Intonation und dynamische Ausgewogenheit aus. Anerkennung verdient das Solistenquartett, in dem am besten der Baritonist Siegmund Nims-gern als Salomo und die Sopranistin Emily Rawlins abschnitten. Aber auch Rotraut Hansmann und die Herren Equiluz und Stajnc verdienen Anerkennung. Das Orchester hielt sich diesmal besser als in dem kürzlich von ihm gespielten Arkadenkonzert. Viel Beifall des gutbesuchten Hauses.

Daß viele Musikfreunde mittelalterlicher Musik besonderes Interesse entgegenbringen, bewies der von den „Menestrels“ veranstaltete, glänzend besuchte Abend in der Schönbrunner Schloßgalerie. In Werken von Neidhart von Reuenthal, Oswald von Wolkenstein, Francesco Landino und Machaut sorgte das bekannte Ensemble für eine ausgezeichnete instrumentale und vokale Interpretation. Die „Lautenisten“ Klaus und Michel Walter, die „Fiedler“ Eve Brunner und Karl Krum-pöck, Alfred Hertel als vorzüglicher Bläser auf verschiedenen alten Instrumenten, vor allem aber die hoch-musikalische „Minnesängerin“ Morie Therese Escribano lebten sich so in den Zeitgeist vergangener Jahrhunderte ein und übermittelten ihn so eindringlich den Hörern, daß diesen auch das geforderte Zugabenkonzert noch zu kurz erschien.

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