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Aus Versailles und Madrid

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Das 1953 von Bernard Wahl gegründete und von ihm geleitete „Versailler Kammerorchester“ setzt sich aus 13 Musikern, Damen und Herren, zusammen und stellte sich mit einem Programm ausschließlich französischer Tonsetzer vor. Daß das Ensemble sowohl den Stil älterer Meister als auch den moderner Komponisten gut beherrscht, bewies es mit der Wiedergabe von Werken Lullys, Rameaus und Coitperins sowie Roussels und FranQaix'. Rameaus dreisätziges, mit subtiler Klarheit des Stimmengeflechtes gespieltes „Concert“ und das „Concert Royal für Cembalo und Streicher“ von Couperin (Solistin Chantal Pe-rier) können als Musterbeispiele für die mit zahlreichen „Agrements“ versehene, von typischen Tanzformen beherrschte Kammermusik Frankreichs im 17. Jahrhundert gelten.

Gegenüber dem die Kleinformen pflegenden Schaffen der genannten älteren Tonsetzerzeit geht Roussels die Bitonalität geschickt verschleiernde „Sinfonietta“, ein prachtvolles Stück, auf breite Flächenwirkung aus, während Francaix, obwohl 43 Jahre jünger als Roussel, in seinen „Six Preludes“ mehr historisierende Tendenzen pflegt. Das zahlreiche, im Brahms-Saal erschienene Publikum spendete freigebig Beifall.

Schön, aber nicht restlos überzeugend war der Liederabend Teresa Berganzas. Ihr dreisprachig gesungenes „Programma della tristezza“ wirkte etwas einförmig und war von der Künstlerin anscheinend in Hinsicht auf ihre besondere Stärke, ihre vorherrschend angewendete Mezza voce, ausgewählt worden. Nach den ariosen Monteverdi-, Scarlatti- und Rossini-Nummern kamen mit Gabriel Faure und noch mehr mit Debussy und Respighi die Glanzstücke des Abends an die Reihe, und zwar in einem Vortrag, der die Schönheiten dieser kostbaren Kleinkunst bis zum letzten ausschöpfte. Nach der Pause widmete sich die Sängerin ausschließlich Kompositionen ihrer spanischen Landsleute, die sowohl bei den älteren Tonsetzern — An-chieta, Esteva und de la Torre — als auch bei dem Zeitgenossen Joa-quin Rodrigo in sentimentaler, oft düsterer Mollmelodik verharren. Der schöne, auch in der fast altmäßigen Tiefe gut ansprechende Sopran der Künstlerin weist einige Schärfen in der Höhe und leichte Steifheiten im Tonansatz auf und fühlt sich — siehe oben — in der Anwendung der Voix mixte am wohlsten. Felix Lavilla, der Gatte der Sängerin, war ein minutiös sich anpassender Begleiter, auch pianistisch bestens entsprechend. Stärkster Applaus für das Künstlerpaar.

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