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Beten wir, damit wir beten!

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Die Urlaubszeit ist zu Ende. Die Stadt ist wieder mit Menschen gefüllt Hektik und Unruhe machen sich bereits im Straßenverkehr bemerkbar. Wenn man so ausgeruht von den Ferien heimkehrt, sollte man etwas tun, um diese Ruhe zu bewahren!

Sind das nicht jährlich wiederkehrende Vorsätze? Man brauchte eine Ruhereserve oder Stillekonserve! Dies könnte einem gelingen, wenn man sich zur Ruhe Zeit nimmt, zur Stille - zum Gebet!

Da gibt es in Wien die Kirche St. Anna im 1. Bezirk, wo seit 1908 täglich tagsüber das Allerheiligste zur Anbetung ausgesetzt ist. Pater Leppich hat vor über 20 Jahren die Abendkirche im Stephansdom angeregt, und Prälat Dorr hat die Eligiuskapelle in St. Stephan zu einer Abendkirche eingerichtet Täglich lädt dort von 19 bis 22 Uhr eine gotische Zylindermonstranz mit der konsekrierten Hostie zur Anbetung ein.

Das sind nur die auffälligsten Gebetsstätten der Wiener Innenstadt. Diese Möglichkeiten zum Gebet werden auch genützt - mehr oder weniger. Die übrigen Kirchen Land auf Land ab sind durchwegs menschenleer.

Wir erfuhren es schon öfter: wenn wir uns vor und für Gott Zeit nehmen, dann geht alles leichter, wir bleiben ruhiger und sind besser imstande, aller Hektik Herr zu werden. Wäre es nicht eine gute Gelegenheit, hier im Beten die innere Ruhe zu konservieren und immer wieder zu erneuern?

Die Arbeit geht uns nach den Ferien leicht von der Hand. In zwei Monaten gelingt uns die Arbeit auch noch, aber sie wird schon mehr Mühe kosten. Es wird schwerer sein, voranzukommen und jemandem zuzuhören. Doch wir werden es tun, es gehört ja zu unserer Aufgabe. Wir wollen sie und unser ganzes Leben erfüllt sehen.

Doch das Leben in Fülle kommt nicht davon, daß man alles perfektionistischtutund möglichst viel in sich hineinstopft, sondern das Leben in Fülle kommt von Jesus Christus selbst, der sagte: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben, und es in Fülle haben” (Joh. 10, 10).

Dazu braucht es das Gebet. Das einfache Sein vor Gott, die Möglichkeit, alles vor ihn hinzulegen, ja sich selbst ihm zu überantworten - die Hingabe. Sie ist eine Art der Anbetung - der bewußten Abhängigkeit von Gott, die frei macht.

Sicherlich sagen viele, Stoßgebete und kurze Gedanken an Gott genügten. Vielleicht für eine gewisse Zeit. Dann kommen plötzlich Zeiten der Leere, der Dürre und Trockenheit - gerade im Umgang mit Menschen und mit Gott.

Schuld dafür gibt man meist den anderen. Ist es nicht das geheimnisvolle Wechselwirken von Kontemplation und Aktion, das uns erfülltes und nicht allein durch Aktion auf einmal entleertes Leben gibt?

Der heilige Serapion schreibt dazu: „Sammlung öffnet unsere Seele für den ‘Himmel, aber auch für den Nächsten. Das Problem .kontemplativ oder aktiv ist ein wenig künstlich. Das eigentliche Problem ist die Dimension des Herzens. Erwirb dir inneren Frieden, und viele Menschen werden in deiner Nähe Erlösung finden” (siehe Poustinia Seite 82, Verlag Herold, 1979).

Wir dürfen, ja müssen auch für uns etwas tun, um wieder besser für andere dasein zu können. Dazu gehört vor allem das Gebet - die Zeit dafür - wie immer sie auch gestaltet sein mag. Im Vorbeigehen wird es nicht gelingen. Wir wissen ja, daß wir ruhen und innehalten müssen, um innezuwerden, wie gut es ist, bei Gott zu verweilen.

Deshalb stehen auch die Kirchen offen und sollten nicht menschenleer sein! Deshalb gilt nun: Beten wir, damit wir beten - auch noch am Beginn des nächsten Urlaubs!

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