6836437-1975_17_11.jpg
Digital In Arbeit

Busoni, Nielsen, Strawinsky

Werbung
Werbung
Werbung

Es ist immer verdienstvoll und das musikalische Denken aktivierend, wenn man an Ferruccio Busoni erinnert, diesen bedeutenden, geistvollen Weltbürger der Musik, dessen „Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst“ aus dem Jahr 1906 nicht nur viel Staub aufwirbelte, sondern als „Denkanstoß“ für alles diente, was in den nächsten fünf Jahrzehnten geschah. Busoni wurde 1866 in Empoli bei Florenz geboren, begann als konzertierendes und komponierendes Wunderkind, lebte und lehrte in Graz und Wien, in den Vereinigten Staaten und — vor allem 1894—1924 in Berlin, wo er so verschiedenartige und später berühmte Schüler hatte wie Dimitri Mitro-poulos, Kurt Weill, Philipp Jarnach und Vladimir Vogel. — Sein kompositorisches Werk, reich an Formen und Versuchen, entspricht nicht ganz dem Rang des Theoretikers, Lehrers und Klaviervirtuosen, als der Busoni vor allem bekannt wurde. Aber seine Faust-Oper gehört unbedingt ins Repertoire jedes großen Hauses. — Die „Indianische Phantasie“ für Klavier und Orchester, 1913 entstanden, haben wir erst vor einigen Jahren durch eine Choreographie Aurel von Milloss' kennengelernt — und waren ein wenig enttäuscht. Im Konzertsaal, mit bravourös vorgetragenem Solopart, macht diese Musik einen weit stärkeren Eindruck. Das ist tW^emeeklektische-; abe* aöCrrtaÄ wieder originelle Partitur mit sehr feinen, noblen Stellen. Der Solist war Fuat Kent. 1945 in Istanbul geboren, begann er als Wunderkind mit vier Jahren Klavier zu spielen und erhielt 1958 ein Staatsstipendium für weitere Studien in Paris. Hierauf die ersten Wettbewerbspreise — und die übliche internationale Karriere. Busoni wäre mit seinem Spiel wahrscheinlich zufrieden gewesen...

Ein bei uns kaum aufgeführter Komponist ist der Däne Carl Nielsen, 1865 geboren, als Dorfmusiker und Trompeter beginnend, später Schüler von Niels Gade, den Grieg und Schumann gleicherweise verehrten, Geiger, Dirigent und zuletzt, 1916 bis 1931, Lehrer am Konserva-

torium von Kopenhagen. Er machte sich vor allem als Orchesterkomponist einen Namen (eine seiner 6 Symphonien heißt „Die vier Temperamente“. Ob Hindemith sie wohl gekannt hat?). Nielsens 1926 entstandenes Konzert für Flöte und Orchester, eine etwas gewichtlose, sehr gefällige, aber dem Solisten sozusagen auf den Leib geschriebene Komposition, verdankt ihre Beliebtheit wohl auch dem Umstand, daß im frühen 20. Jahrhundert herzlich wenig Flötenmusik geschrieben wurde. Originell ist die Form: der rhapsodische 1. Teil, mit lebhaften Figurationen ausgestattet, endet in zwei Kadenzen der Flöte, während der zweite Scherzo, Adagio und Finale in einen vielfältigen buntgestalteten Komplex zusammenzieht. Eine Kadenz des Solinstruments über einem Paukenwirbel mündet in eine lebhafte Steigerung, die aber rasch im pp versinkt. Im Ganzen: so recht ein Stück, die Virtuosität des Solisten Paul Pazmandi zu zeigen, der sonst im Orchester sitzt: zuerst bei der in Wien gegründeten „Phil-harmonia Hungarica“, derzeit im ORF-Symphonieorchester, das seinen Kollegen aufmerksam und schonend begleitete.

Den Abschluß bildete Strawinskys immer wieder begeisternde Suite aus dem Ballett „Der Feuervogel“, wie sAfcrtHwrapsgegangepen,-. Stücke 20 Minuten dauernd. Hier hat der Dirigent Helrhut Hosner, etwa 30 Jahre 'jung, ehemaliger Sängerknabe, Studium bei Prof. Swarowsky an der Wiener Hoschschule für Musik, nebenher auch Klarinettist, seine Fähigkeit gezeigt, ein routiniertes Orchester, wie es das des ORF ist, mit sicherer Hand zu leiten und auch zu großen Steigerungen zu führen. — Für das letzte Stück hat offenbar eine Probe gefehlt, denn es gab an einigen Stellen kleine „Wackler“. Was aber den positiven Gesamteindruck kaum schmälern konnte. Und das vornehmlich aus jungen Leuten bestehende Publikum war von den jungen Solisten sowie dem Dirigenten sehr begeistert.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung