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Das duale Ausbildungssystem hat sich fest etabliert

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In Österreichs graphischem Gewerbe wird der Nachwuchs - einer alten Tradition gemäß - in zweifacher Hinsicht herangebildet: in den Betrieben und in den entsprechenden Fachschulen. Jahrhundertelang bildeten Betriebe Lehrlinge zu Gehilfen heran, doch wurde die praktische Schulung zunächst nur sporadisch durch theoretische Instruktionen ergänzt.

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In Österreichs graphischem Gewerbe wird der Nachwuchs - einer alten Tradition gemäß - in zweifacher Hinsicht herangebildet: in den Betrieben und in den entsprechenden Fachschulen. Jahrhundertelang bildeten Betriebe Lehrlinge zu Gehilfen heran, doch wurde die praktische Schulung zunächst nur sporadisch durch theoretische Instruktionen ergänzt.

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Höhere Graphische Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt in Wien. Ziel der Anstalt war zunächst die Pflege der Ausbildung von besonders qualifizierten Fach- und Führungskräften für die graphischen Berufe im weitesten Sinn. Heute umfaßt die Anstalt - die einzige ihrer Art in Österreich - neben einer wissenschaftlichen Forschungsund Prüfungsstelle Ausbildüngsstät- ten für Photographie, Gebrauchsgraphik und Reproduktions- und Drucktechnik.

Dem 14- oder 15jährigen steht es also frei, sich in einem Lehrbetrieb oder einer Vollzeitschule zum Gehilfen ausbilden zu lassen (für Gebrauchsgraphik allerdings gibt es nur den schulischen Weg). Der Bursch oder das Mädchen tritt in eine der drei Fachschulen ein, wird dort vier Jahre lang in seiner Fachrichtung und den wichtigsten Nachbarsparten ausgebildet und ist nach der Abschlußprüfung den im Betrieb ausgebildeten Gehilfen gleichgestellt (Gebrauchsgraphiker sind zur Berufsausübung befähigt und berechtigt).

Was die schulische von der betrieblichen Ausbildung unterscheidet, ist:

• umfassendere Allgemeinbildung;

• gründlichere Information über die technisch-wissenschaftlichen Voraussetzungen;

• Vertrautheit mit den Grundlagen des facheinschlägigen Meß- und Prüfungswesens.

Der Absolvent wird seine Tätigkeit also in der Regel auf einem breiteren Fachwissen aufbauen können, er wird für technische Entwicklungen aufgeschlossener sein und eine größere berufliche Mobilität besitzen. Ein Nachteil der schulischen Ausbildung ist aber zweifellos die mangelnde Praxiserfahrung, die dem Absolventen den Schritt von der Schule in den Betrieb mitunter erschwert.

Die Fachschulen für Gebraüchsgra- phik und Photographie werden ergänzt durch sogenannte Meisterklassen. Diese bieten bereits im Beruf stehenden Personen die Möglichkeit einschlägiger Weiterbildung und der Ablegung der Meisterprüfung. Der Heranbildung mittleren und höheren Führungspersonals im graphischen Gewerbe dient die sogenannte „Höhere Abteüung für Reproduktionsund Drucktechnik“ an der „Graphischen“. Sie bildet den 14jährigen in fünf Jahren in mehrerer Hinsicht aus: Während der ersten drei Jahre wird er in einer bestimmten Stammsparte praktisch und theoretisch geschult, im vierten und fünften Jahr erfolgt eine fachkundliche Einführung in sämtliche Teügebiete des graphischen Gewerbes, in die Betriebswirtschaft und die einschlägige Meß- und Prüftechnik. Daneben hat sich der Schüler während aller fünf Jahre mit bestimmten allgemeinbildenden Fächern zu befassen.

Das Studium an der Höheren Abteilung wird durch eine Reifeprüfung abgeschlossen. Sie ermöglicht nicht nur die unmittelbare Aufnahme eines facheinschlägigen Hochschulstudiums, sondern berechtigt zur Inskription an jeder beliebigen österreichischen Universität.

Daraus ergeben sich zwei Folgerungen:

• Das Studium an der Höheren Abteilung ist vielseitig und stellt daher große Anforderungen.

• Es gibt - eventuell zusammen mit einem Hochschulstudium - eine außerordentliche berufliche Mobilität.

Die höhere Ausbildung steht aber auch jedem Facharbeiter offen, zumal die schulische Betreuung ja unentgeltlich ist. Nach einem einsemestrigen Uberleitungslehrgang kann der Gehilfe in den dritten Jahrgang der Höheren Abteilung eintreten. Nach insgesamt dreieinhalb Studienjahren wird er normalerweise die Reifeprüfung ablegen. Die auf diese Weise erzielbare Verbindung von Berufserfahrung und fachtheoretischer Schulung in bereits reiferem Alter macht solche Absolventen zu besonders wertvollen Führungskräften.

Nicht weniger wichtig als die Ausbildung ist die Fortbildung aktiver Fachleute des graphischen Gewerbes durch Publikationen, Vorträge und Kurse des Wirtschaftsförderungsinstitutes, des Graphischen Bildungsverbandes und der Standesvereinigungen. Darüber hinaus veranstaltet die Photographische Gesellschaft in Wien, die auch eine Sektion für Reproduktion und Druck besitzt, regelmäßig Fachvorträge und technische Demonstrationen.

Viele Personen - und nicht nur Inländer - nehmen die Möglichkeit in Anspruch, als außerordentliche Schüler bestimmte Unterrichtsveranstaltungen der „Graphischen“ zu besuchen. Schließlich steht dem Fortbildungswilligen die größte einschlägige Fachbibüothek Österreichs mit rund 26.000 Bänden und 173 Periodika zur Verfügung.

Die für die Aus- und Fortbildung im österreichischen graphischen Gewerbe zuständigen Stellen sind keineswegs gewillt, sich mit dem Erreichten zufriedenzugeben. Vor allem die Direktion der „Graphischen“ ist über den österreichischen „Verein zur Förderung der Forschung für die graphischen Gewerbe (VFG) und die internationale „IARIGAI“ (- International Association of Research Institutes of the Graphic Arts Industry) in ständigem fachlichen und persönlichem Kontakt mit allen Leitern graphischer Forschungs- und Bildungsstätten im Ausland. Periodische Symposien und Konferenzen schaffen internationale fachliche Kontakte.

Der ständige Erfahrungsaustausch und eine vernünftige Zusammenarbeit zwischen Unternehmensverband, Gewerkschaft und Ausbildungsstätten führt zu einer kontinuierlichen Modifikation der Ausbildungspläne, was ja insbesondere in Zeiten lebhafter technischer Fortschritte von lebenswichtiger Bedeutung ist. Wir sind weit davon entfernt, jede lauthals ausposaunte Neuerung als Evangelium anzubeten, doch soll keine noch so stürmische Entwicklung den österreichischen Arbeiter und unser graphisches Gewerbe unvorbereitet treffen.

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