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Das hätte ich im Club gesagt

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Die FURCHE hat im Prinzip positiv auf den TV-Film „Das Dorf an der Grenze“ reagiert. Aber das Thema ist vielschichtig genug, auch andere Meinungen zu vertragen. Hier ist eine.

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Die FURCHE hat im Prinzip positiv auf den TV-Film „Das Dorf an der Grenze“ reagiert. Aber das Thema ist vielschichtig genug, auch andere Meinungen zu vertragen. Hier ist eine.

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Selbstverständlich ist es bei dieser Diskussion (FS 2, 8. September) nicht um diesen pat- scherten Tendenzfilm gegangen, sondern um den sehr realen Konflikt zwischen den beiden Nationalitäten.

So hätte ich denn bald nach dem ersten Schlagaustausch gesagt: „Hört auf zu lügen und mit politischen Syllogismen herumzujonglieren! Gebt zu, worum es euch wirklich geht!“

Der Streit hat in nuce schon in der Monar uie bestanden, obwohl natürlich damals die Slowenen auf dem kürzeren Ast saßen. Immerhin ist damals trotzdem die Einfühlung eines deutschen Dich-

ters wie Baumbach in den slowenischen Kulturkreis möglich gewesen.

1918 ging es um die Behauptung der Deutschkärntner und überhaupt der Österreicher gegen den Versuch des neuen südslawischen Nachfolgestaats (in Wirklichkeit einer serbischen Königsdiktatur), sich Kärnten einzuverleiben. Damals hat bei der Abstimmung ein guter Teil der Kärntner Slowenen für die demokratische Republik Österreich gestimmt. j. Da in der Ersten Republik zu deren Elend auch der Deutschnationalismus gehörte, war dieser selbstverständlich auch in Kärnten aktiv, so daß auch die Nazis sich seiner für ihre Propaganda bedienten. Auch fanden sich etwa Nazis und Sozialisten in Kärnten und manchen Orten in gemeinsamer Front an den historischen Stichtagen des 12. Februar 1934 und des 25. Juli 1934 gegen den autoritären Ständestaat.

Bei Der Machtübernahme der Nazis 1938 haben diese (zum Unterschied von ihrem Verhalten etwa in Südtirol) es vermocht, die deutsch-nationalistische Karte in Kärnten groß auszuspielen und Slowenien inklusive Marburg wieder zum Deutschtum „zurückzuführen“. Der nazistischen Gesamtauffassung vom slawischen Untermenschen entsprechend, wurden die slowenischen Kärntner abqualifiziert und ausgesiedelt.

Es ist heute schwer zu sagen,

wie weit es Angst ums Leben oder chauvinistische Zustimmung gewesen sind, welche die Haltung der Deutschkärntner damals veranlaßt hat. Fest steht, daß, als im letzten Kriegsjahr von alliierter und jugoslawischer Seite Fallschirmspringer und Partisanen in Kärnten abgesetzt wurden, diese so gut wie keine Unterstützung von seiten der deutschen Bevölkerung fanden.

1945 kam die Gegenwoge. Seit 1944 ließ Tito keinen Zweifel auf- kommen, daß Jugoslawien die Annexion eines guten Stückes von Kärnten (inklusive Klagen- furt) als Preis für die Teilnahme am Krieg betrachtete. Zu den pikanten Details dieser Sache gehört, daß auch die Emigrationsor-

ganisation der österreichischen Kommunisten in Großbritannien das Verlangen der Jugoslawen unterstützte — mit dem Argument, daß das titoistische Regime fortschrittlicher als das österreichische sei. (Daran wurde man durch einige der fellow travellers im „Club 2“ erinnert.)

Ich verurteile den Film von Thomas Pluch nicht nur, weil er eindeutig tendenziös ist, sondern weil er überhaupt keinen Versuch unternommen hat, das Verhalten der Deutschkärntner verständlich zu machen, sondern bei ihnen nur Chauvinismus und Faschismus aufzeigte. Damit aber hat er auch überhaupt keine Öffnung zu einer Versöhnung und einem Ausgleich des Konfliktes geschaffen.

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