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Das Reiseabenteuer

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Major Wandel fuhr von Krakau nach Wien.

Unterwegs stieg ein Mann mit Ringellöckchen ein.

Der Mann breitete zahlreiche Zeitschriften vor sich aus: Berliner, Wiener Journale, illustrierte Blätter und ein Fachblatt für Aviatik.

Und der Mann las.

Der Herr Major langweilte sich, gähnte, streckte sich, rauchte und dachte:

„Dieser Mann ist ein Jud'. Aber offenbar ein besserer: erfährt erster Klasse und interessiert sich für den Flugsport. Ich werde ihn anreden.“

„Na“, sagte der Herr Major leutselig, „jetzt kommt ja bald die Zeit, wo wir beide fliegen werden.“

Darauf der Mann erstaunt:

„Beide fliegen? Haben denn Sie auch nur ä Billett dritter Klasse?“

Budapest

„Du bist lustig, Janosch?“

„Jaj, Zigeuner hot gespielt so schöne Lied - hab ich ihm gleich hundert Gulden geben; aber nicht bei mir gehabt.“

Psychiatrie

„Der Baron, der die Wechsel gefälscht hat, wird jetzt auf seinen Geisteszustand beobachtet. Glauben Sie, daß er für verrückt erklärt wird?“

„Dazu ist die Familie doch nicht vornehm genug.“

Der Lebemann

„Herr Silberstein, warum heiraten Sie nicht - ein so fescher, junger, reicher Mann?“

„Heiraten?- Fesch, jung und reich - das sind doch drei Gründe zum Ledigbleiben.“

Zensur

Man hatte mir in Wien ein Stück verboten.

Ich ging aufs Polizeipräsidium und sagte:

„Ich werde natürlich Einsprache gegen das Verbot erheben.“

Der Herr Polizeipräsident lächelte. Und fragte mich: „Wie wollen Sie denn das machen?“

„Nun“, sagte ich, „ich werde die Gründe des Verbots widerlegen.“

„Wissen Sie denn die Gründe?“

„Sie stehen doch in der amtlichen Entscheidung.“

Da lachte der Herr Polizeipräsident aber, daß er fast geborsten wäre.

„Mensch“, rief er, „die amtliche Entscheidung enthält doch nur Ausreden. Die Gründe behalten wir immer für uns.“

Die Folgen

Meine Kusine, die Gertrud, war von Kind auf die eiternde Wunde am Körper unsrer Familie.

Mit vierzehn Jahren wußte sie durch indezente Gesten die Aufmerksamkeit eines Majors auf sich zu lenken, der gegenüber wohnte, und ließ sich von ihm zum Kaffee einladen.

Mit fünfzehn Jahren hatte sie ihr erstes Verhältnis, mit siebzehn ein Kind.

Dann sank sie immer tiefer in den Pfuhl der Sünde.

Jetzt ist sie dreißig Jahre alt und besitzt zwei Villen in Baden und ein dreistöckiges Haus in Wien.

Die Witwe

„Sie auf dem Ball, Gnädigste?Und in Trauer?“

„Ach, der Schmerz um den Verlast meines teuren Gatten hängt mir schon zum Hals heraus.“

Aus: „RODA RODA: Fünfhundert Schwanke.“ Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1989.205 Seiten, öS 76,40.

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