6829724-1974_32_02.jpg
Digital In Arbeit

Das teure Spiel der Machtigen

Werbung
Werbung
Werbung

Daß in Salzburg nicht geknausert wird, daß man dort dazu neigt, das viele Geld ein wenig leichtfertig auszugeben — und daß Festspiele dieser Art teuer sind, all das wußten wir lang bevor ein kritischer Bericht des Rechnungshofes (auf welchem Weg wohl?) in ein Wiener Wochenmagazin geriet. Und seither: großes Lamento. Weniger über die Summen, als über die „Vorzeitige“ Veröffentlichung. Diese Manie kennen wir allzugut: Wenn einmal ein kritischer Artikel über irgendetwas in der Zeitung erscheint, so bemühen sich die meisten der angegriffenen Stellen nicht um Aufklärung der Öffentlichkeit oder gar Abstellung des Übels, sondern sie quietschen vor Unbehagen nur immer das eine „Wer hat's geschrieben? Und warum hat er das gemacht?“

Nun, hoffen wir, daß diese Kritik des Salzburger Budgets diesmal als Schuß vor den Bug gewertet wird. Denn es stehen ja noch allerlei andere Sachen zur Diskussion und zur Nachprüfung ins Haus.

Wir haben in der Furche immer den Standpunkt vertreten, daß Kultur Geld kostet, vor allem bei so zahlreichen, sich über fünf Wochen erstreckenden Veranstaltungen mit Künstlern von hohem Rang und mit Produktionen, die man einer beeindruckbaren kulturellen Öffentlichkeit vorführen will. Seien wir also großzügig und feilschen wir nicht um ein paar tausend Schilling. Aber bitte nur für gutgeplante und gutgelungene Sachen.

Strehlen „Spiel der Mächtigen“ hat, wenn auch zum großen Teil mißlungen, genug Schlagzeilen gemacht, und man kann ja auch diese als Erfolg werten. Nun aber, nachdem man jahrelang vergeblich nach einer neuen Attraktion für Salzburg gesucht hat, kennt man im Kuratorium und ' Direktorium überhaupt kein Maß mehr, diesen schätzenswerten, aber vielleicht doch ein wenig überschätzten Mann in Salzburg zu halten. (Erfolglos, wie man weiß, denn Strehler hat seinen Dreijahresver-trag nicht verlängert). Daß man in dieses Monisterspektakel von zweifelhaftem künstlerischen Wert gleich 13 Millionen Schilling hineinsteckte, von denen nur vier Millionen durch Kartenverkauf wieder hereinkamen, ist bitter. Aber daß man Strehler eine Extra-Sekretärin bewilligte, und zwar ganzjährig (obwohl der Maestro heuer nur 74 Tage in Salzburg arbeitete), die im Jahr 160.000 Schilling kostet, das ist nicht in Ordnung. Solche Einzelheiten könnte man viele, viele aufzählen.

Aber wenn man e.in ebenfalls sehr kostspieliges Unternehmen fehlerhaft plant, indem man nämlich für „Die Zauberflöte“ Karajan als Dirigenten und Strehler mit seinem Bühnenbildner Luciano Damiani zusammenspannt, so war ein Mißlingen für den einigermaßen Kundigen mit etwa 80prozentiger Sicherheit vorauszusagen. Ebenso wie eine Vergrä-mung beider Künstler — wie sie sich in einer Fernsehsendung orbi et ur-bi präsentierte. Hier hatte einer, der ganz schlau sein wollte, nach dem Rezept gehandelt: „Wie gut ist Schlagobers, wie gut ist Kartoffelsalat, wie gut muß erst Schlagobers mit Kartoffelsalat schmecken!“

Aber es schmeckte gar nicht. Und man halte uns nicht vor, daß seinerzeit, von 1909 bis 1929, dem großen Diaghilew in Paris großartige Gesamtkunstwerke gelungen sind, indem er die besten Komponisten und die berühmtesten Maler zur Ausstattung für seine weltbekannt gewordenen Ballettproduktionen gewann. Diaghilew war eben ein großer Herr mit untrüglichem Instinkt. Und beide, Musiker wie Maler, arbeiteten unter seiner Ägide.

Aber wer ist heute der Diaghilew von Salzburg? Statt seiner beherrscht das Spiel der Mächtigen die Szene, die man jeden für sich hätte arbeiten lassen sollen und die man nicht zusätzlich konfrontieren durfte. Die Folgen dieser kleinkarierten Kunstpolitik haben sich ja prompt eingestellt. Näheres in den Tageszeitungen, im Rundfunk und im Fernsehen ...

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung