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Der Reisepapst
Die Hörer von „Radio Vatikan" stehen hinter der konziliaren Öffnung der Kirche. Diese Schlußfolgerung läßt sich zumindest aus dem Preisausschreiben der deutschsprachigen Abteilung ziehen. Rund 750 Personen haben sich daran beteiligt.
Die qualifiziertesten Beiträge bringen die Reisen der Päpste mit der konziliaren Öffnung in Verbindung. Ein Papst, der nicht mehr Herrscher, sondern Diener sein will, muß seinen Palast verlassen, muß unter die Menschen gehen. Ein Papst, der hinter seinen vatikanischen Mauern bliebe, wäre kein Papst des Konzils. So etwa lassen sich die Aussagen zusammenfassen. Es kommt nicht darauf an, daß er in alle Länder kommt, daß er allen die Hände drückt. Aber: Es geht um die Zeichen.
Die erste Preisträgerin, Margit Fischer-Blatt, eine Hausfrau, Mutter und Lehrerin vom Bodensee, hat das so formuliert: „Johannes XXIII. öffnete die Fenster im Vatikan, so daß es manchen etwas ungemütlich wurde von dem frischen Wind; Paul VI. öffnete die Türen, um sich auf den Weg zu machen; Johannes Paul I. ging mit seinem Lächeln auf die Menschen zu, denn Lächeln ist der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen. Johannes Paul II. wurde der Papst zum Anfassen für Millionen in aller Welt."
Weniger preziös drückt das gleiche eine Einsenderin aus dem Kohlenrevier aus: „Ich bin nur eine arbeitslose Arbeiterin. Wie könnte ich je nach Rom fahren, um den Papst zu sehen oder zu besuchen. Da ich das nicht kann und hunderttausend andere auch nicht, so muß der Papst eben zu uns kommen, oder besser: in unser Land..."
Die Überlegungen über Sinn und Nutzen von Papstreisen werden ja gewöhnlich von Akademikern gestellt. Sicher sind noch mehr Argumente zu bedenken, so etwa, ob nicht die Bischöfe noch mehr die Funktion übernehmen sollten, die jetzt — sozusagen stellvertretend für sie — der Papst wahrnimmt. Oder ob dieser Papst vielleicht den Stil der höheren Kirchenleitung durch seinen eigenen Stil ändert. Ob vielleicht ein „schreibender Papst", ohne den Vatikan zu verlassen, regelmäßig kurze spirituelle Anregungen geben könnte — im Stil der Briefe aus Taize, die in aller Welt verstanden würden.
Es gibt sicher viele Wege, als Papst auch Seelsorger zu sein, nicht nur Petrus-Nachfolger, sondern auch Paulus-Nachfolger. Aufgrund der Erfahrungen mit dem Preisausschreiben möchte ich sagen: Das Zeichen des Rei-sens ist wichtig für viele. Nicht, daß ich ihm die Hand geben kann ist entscheidend, sondern daß er sich bewegt, den Vatikan verläßt, daß er nicht nur zu jemandem spricht, sondern zu ihm geht...
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