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Die Herren in Zivil

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Wer, wie der Verfasser dieses Beitrages, sehr oft Gelegenheit hat, an Veranstaltungen in anderen Bundesländern als Kärnten, aber auch im Ausland, teilzunehmen, dies nicht selten als Vortragender und Redner bei Versammlungen von politischen Vereinigungen, nationalen Minderheiten und bei wissenschaftlichen Seminaren, aber auch bei Veranstaltungen in Kärnten, an denen Slowenen teilnehmen oder zu denen solche erwartet werden, stellt immer wieder fest, welch ungeheurer Unterschied in polizeilicher Hinsicht da besteht.

Nach dem österreichischen Vereinsgesetz, wie auch nach den entsprechenden Gesetzen der meisten anderen Staaten freiheitlicher Demokratie — die Diktaturstaaten kennen ohnehin keine Vereins- und Versammlungsfreiheit — können Vereine und auch andere gesellschaftliche Gruppen, zum Beispiel politische Parteien, Versammlungen aller Art abhalten und Vorträge durchführen. Alle diese Veranstaltungen müssen freilich der zuständigen Vereinsbehörde vorher gemeldet werden, wobei auch die Bezirksverwaltungsbehörde (Bundespolizeidirektion) als Anmeldebehörde in Betracht kommt. An sich ist diese Vorschrift, von welcher nur die Veranstaltungen anerkannter Religionsgemeinschaften ausgenommen sind, durchaus verständlich und vielleicht auch berechtigt. Es sollen nicht „wilde“ Veranstaltungen stattfinden. Die Demonstration gegen das IBERIA-Lokal in Wien hat allerdings gezeigt, daß wirklich sicherheitsgefährdende Versammlungen auch ohne Anmeldung stattfinden und sehr unerfreuliche Folgen haben können. Und eine Demonstration vor dem IBERIA-Büro war nicht angemeldet worden.

Wer Obmann eines der tausenden von Vereinen in Österreich — Kärnten ausgenommen — ist, wird noch kaum je einmal erlebt haben, daß die Hauptversammlung seines Vereines, die er natürlich ordnungsgemäß anmelden mußte, dann von einem Beamten der Vereinspolizei oder gar der Staatspolizei besucht wurde, um festzustellen, ob die Statuten verletzt wurden oder ob in der Versammlung staatspolitisch relevante Vorgänge zu verzeichnen waren. Und sehr selten wird im voraus eine solche Veranstaltung überhaupt verboten.

Das gilt auch für Kärnten, mit einer Ausnahme: sofern slowenische Vereine, sei es auch eine Vorschußkasse (hranilnica i posojilnica) oder ein Alpenverein, eine Jahreshauptversammlung hält, wenn eine zwar deütschkärntnerische, aber als slowenenfreundlich bekannte Institution, wie zum Beispiel die Galerie Hildebrand in Klagenfurt oder die Österreichische Liga für Menschenrechte, einen Vortragsabend veranstalten, erscheint unweigerlich ein Beamter der Staatspolizei (Sicherheitsdirektion) oder der Vereinspolizei (kann auch ein Vertreter der Polizeidirektion sein) oder, auf dem Lande, auch ein Gendarmeriebeamter, um zu überwachen, ob nicht etwa ein Slowene irgend etwas äußert, was zu staatspolizeilichem Einschreiten Anlaß geben könnte. Auf jeden Fall wird ein Bericht über die Veranstaltung an die Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, beziehungsweise das Bundesministerium für Inneres erstattet, wie das offenbar von Wien aus — also keineswegs nur in Kärnten selbst — angeordnet ist. Der Verfasser dieser Zeilen hat das schon sehr oft erlebt, zuletzt im Oktober 1975 anläßlich seines Vortrages über Probleme der Sprachzählungen in der Galerie Hildebrand in Klagenfurt, zu welcher Veranstaltung auch viele Slowenen erwartet wurden. Sowohl Staatspolizei wie Vereinspolizei waren vertreten.

Nichts gegen die Beamten, die diesen Dienst versehen. Sie sind höflich und umgänglich und tun nur ihre Pflicht. Aber daß es keine noch so unbedeutende Veranstaltung in Kärnten gibt, an der Slowenen teilnehmen könnten, die nicht unter Polizeiaufsicht stattfindet, gemahnt an Verhältnisse im kommunistischen Staatenblock oder an das Südtirol der Vor-Paket-Ära (nur sind dort die italienischen Aufsichtsbeamten in Uniform erschienen und erkennbar gewesen, während die Kärntner Staatspolizisten in „unauffälligem“ Zivil ihre Beobachterposten einnehmen).

Die Vorgangsweise ist gesetzlich gedeckt. Aber das Gesetz wird so gut wie ausschließlich nur gegen Slowenen angewendet. Österreich als Polizeistaat mit Zielrichtung gegen ethnische Gruppen?

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