6866768-1978_06_11.jpg
Digital In Arbeit

Die Monographie uber Daniel GranDie Monographie über Daniel Gran

19451960198020002020

Der Herold-Verlag gab seiner großen kunsthistorischen Publikationsreihe, die immer höchste fachliche und bibliophile Qualität repräsentierte, aber in den letzten Jahren etwas in Vergessenheit geriet, neuen Schwung und ein neues Gesicht. Im Vorjahr wurde das große Standardwerk von Hans Sedl-mayr über Johann Bernhard Fischer von Erlach (FURCHE Nr. 47/1977) in neuer Bearbeitung vorgelegt. Nun folgt, als Auftakt neuer Aktivität, die große Monographie über einen Künstler des österreichischen Barock, über den, trotz seiner Bedeutung, bisher keine umfassende Darstellung von Leben, Entwicklung und Gesamtwerk vorlag: „Daniel Gran“ von Eckhart Knab.

19451960198020002020

Der Herold-Verlag gab seiner großen kunsthistorischen Publikationsreihe, die immer höchste fachliche und bibliophile Qualität repräsentierte, aber in den letzten Jahren etwas in Vergessenheit geriet, neuen Schwung und ein neues Gesicht. Im Vorjahr wurde das große Standardwerk von Hans Sedl-mayr über Johann Bernhard Fischer von Erlach (FURCHE Nr. 47/1977) in neuer Bearbeitung vorgelegt. Nun folgt, als Auftakt neuer Aktivität, die große Monographie über einen Künstler des österreichischen Barock, über den, trotz seiner Bedeutung, bisher keine umfassende Darstellung von Leben, Entwicklung und Gesamtwerk vorlag: „Daniel Gran“ von Eckhart Knab.

Werbung
Werbung
Werbung

Schon Albert Ilg, der Gran für den größten österreichischen Maler überhaupt hielt, wollte - noch im vorigen Jahrhundert - die große Lücke der österreichischen Kunstgeschichtsschreibung schließen. Gran war für ihn der Beweis dafür, „daß die Reform von den wirklichen Entartungen der Barocke in Österreich früher als in Deutschland ihren Anfang nahm“. Eckhart Knab, Mitarbeiter der Albertina, beschäftigte sich mit Gran seit mehr als einem Vierteljahrhundert, bearbeitete ebenso lange die 1935 von der Albertina erworbene Sammlung österreichischer Barockzeichnungen des Wiener Antiquars und Verlegers Artaria (sie besitzt seither 84 der insgesamt 128 bekannten Gran-Zeichnungen) und übernahm bereits 1961 (!) den Auftrag des Herold-Verlages, das große Werk über Gran zu schreiben. Knab wähnte damals seine Gran-Forschungen für abgeschlossen, stieß aber im Lauf der Arbeit auf eine unerwartete Fülle von Archivmaterial, das immer wieder zu neuen Aspekten führte (was einer der Hauptgründe dafür war, daß er das Manuskript erst 1974 vorlegen konnte).

Dafür repräsentiert dieses Werk nun aber einen Wissensstand über Daniel Gran, der nur noch da und dort Ergänzungen im Detail erfahren dürfte. Gran wurde 1694 geboren- dereinzige unter Österreichs bedeutenden Barockmalern, der in Wien zur Welt'kam. Der Vater war Koch Kaiser Leopolds L, und der Aufstieg des begabten jungen Mannes, der ja auch den Startvorteil hatte, die höfischen Umgangsformen zu beherrschen, ist sehr typisch für die damals übliche Talentförderung: Ein Verwandter, der sich des Jungen angenommen und ihm den Malunterricht ermöglicht hatte, der berühmte Abraham a Sancta Clara, starb, als Daniel 15 Jahre alt war. Da Gran die Malweise seines ersten Lehrmeisters nicht lag, wechselte er zu Werte über (dessen Schwiegersohn er später wurde) und kam durch den Architektur- und Historienmaler mit dem Fürsten Schwarzenberg in Kontakt. Fürst Adam Franz von Schwarzenberg streckte dem talentierten jungen Mann das Geld für eine mehrjährige Reise nach Italien vor, wo er seine Kunst vervollkommnen sollte. Der Kredit war abzuarbeiten oder in bar zurückzuzahlen - das Talent eines Fünfundzwanzigjährigen als Sicherstellung. Daniel Gran kam bis Neapel, und der Einfluß Solimenas wurde richtungweisend.

Mit knapp dreißig Jahren war Daniel Gran nicht nur „Hochfürstlich Schwarzenbergischer Hofmaler“, sondern auch gesellschaftlich so angesehen, : daß unter seinen Trauzeugen angesehene Persönlichkeiten, unter ihnen ein Universitätsprofessor, figurieren. Gran löste sich später vom Haus Schwarzenberg - Hof kammerrat Pelikan mokiert sich in einem Brief, „daß man diesen Menschen also di-stinguiere, als ob er der Minister bei Hofe wäre“ -, wird Hofmaler und geadelt, besitzt Pferde und Equipage und gelangt zu Reichtum, freilich zu keinem so großen, daß nicht, nach Jahren der Krankheit und verminderten Arbeitsfähigkeit, am Ende doch die Passiva des Nachlasses die Aktiva über* steigen.

Zweifellos leidet die Weltgeltung des Österreichers Daniel Gran darunter, daß seine Hauptwerke sich nur dem direkten Betrachter an Ort und Stelle in ihrer ganzen Schönheit und Eindringlichkeit erschließen. Deckengemälde sind nicht nur ortsgebunden, sondern auch besonders schwierig so zu reproduzieren, daß die Abbildung Raumeindruck und psychologische Wirkung des Werkes vermittelt. Aber obwohl das Buch von Eckhart Knab aus ökonomischen Gründen nur neun Farbtafeln enthält, wird es doch wesentlich dazu beitragen, den Ruhm des schon Berühmten noch zu vermehren. Nicht nur sind die Schwarzweißbilder von den Kuppelfresken, Altarbildern und so weiter hervorragend gedruckt - was trotzdem von der monumentalen Wirkung verlorengeht, wird durch die hervorragende Vermittlung des zeichnerischen Werkes wettgemacht.

Es hieße Eulen nach Athen tragen, hier viele Worte über die Hauptwerke GraAs zu verlieren: Das Kuppelfresko des Klosterneuburger Kaisersaales, vor allem aber der gewaltige Freskenzyklus in der Hofburg (der heutigen Nationalbibliothek), sollte jeder Österreicher (oder wenigstens jeder Wiener) kennen, die Zerstörung eines frühen Hauptwerkes im Schwarzenberg-Palais durch Bomben bleibt eine der schwersten Einbußen, die Österreichs Kunstbesitz im Zweiten Weltkrieg erlitt. Zu entdecken ist aber, neben der „Gesamtwirkung“ des hier konzentriert zu studierenden und zu erlebenden Lebenswerkes, der Zeichner Daniel Gran. Im Gegensatz zu Trogers „definitivem“ Zeichenstil flüchtiger, improvisiert, „malerischer“. Knab: „Die einzelnen Figuren sind in den Zeichnungen Grans zwar weniger prägnant.gegliedert als bei Solimena oder Maratta, die darin mehr den Gesetzen des .Disegno' folgten, dafür ist das Ganze in jeder Skizze des Wiener Meisters eindeutiger, übersichtlicher und strenger. Nicht selten wirken Grans Zeichnungen gegenüber jenen seiner italienischen Lehrer und Zeitgenossen hart und willkürlich, eigenwillig in ihrer graphischen Form ... In seinen Zeichnungen ... verknüpft sich eine ursprüngliche und freie barocke Lebendigkeit, die das Signum der Einmaligkeit trägt, auf eine besonders glückliche Weise mit dem erfolgreichen Streben nach strenger, gültiger Form.“

Mit dem Klosterneuburger Kuppelfresko ist er der Entwicklung um Jahrzehnte voraus - hier ist im Werk des Künstlers, in dem der „Herbst des Barock“ seinen Höhepunkt fand, ist „im ruhigen Insichverharren und in der feierlichen Würde“ dieses Werkes bereits der Klassizismus zu ahnen, vorweggenommen.

Was Daniel Gran geschaffen hat, ist in den Abbildungen dieses wichtigen, lang erwarteten Werkes zu sehen, was wir über ihn wissen, steht in seinen Aufsätzen, Registern, Verzeichnissen (unter anderem auch jener Werke, die man Gran früher fälschlich zugeschrieben hat). Menschlich berührend die Einzelheiten der Lebenschronik und die Faksimiles und Auszüge aus den Briefen.

Hingewiesen sei auch noch darauf, daß die Buchreihe ein neues Gesicht erhalten hat: Einige der graphischen Elemente, hier vor allem das größere Format, das große, rechteckige „Fenster“ des Schutzumschlages mit der -im gegenständlichen Fall blauen -Umrandung und das innere Layout mit der sehr gut lesbaren Schrift werden wiederkehren und diesen Werken ihr äußeres Gepräge geben.

DANIEL GRAN. Von Eckhart Knab. In der Reihe „Große Meister, Epochen und Themen der österreichischen Kunst - Barock“, begründet von DDr. Willy Lorenz, fortgesetzt als Veröffentlichung der österreichischen Galerie und der Graphischen Sammlung Albertina. Herold Verlag, Wien 1977, 304 Seiten Text, 264 Seiten Schwarzweißabbildungen, 9 Farbtafeln, öS 1200,-.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung