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Dreimal Komödie

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Was Autoren über ihre Stücke feststellen, stimmt nur selten. Christopher Ery bietet zwar für seinen Zweiakter „Ein Hof voll Sonne“, der, vor fünf Jahren uraufgeführt, nun im Volkstheater gespielt, seinen Jahreszyklus als „Sommerkomödie“ abschließt, eine vereinfachende Formel -— „Wohin gehen wir eigentlich?“ —, aber sie deckt nicht das Stück.

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Was Autoren über ihre Stücke feststellen, stimmt nur selten. Christopher Ery bietet zwar für seinen Zweiakter „Ein Hof voll Sonne“, der, vor fünf Jahren uraufgeführt, nun im Volkstheater gespielt, seinen Jahreszyklus als „Sommerkomödie“ abschließt, eine vereinfachende Formel -— „Wohin gehen wir eigentlich?“ —, aber sie deckt nicht das Stück.

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Die beiden Akte spielen unmittelbar nach dem letzten Krieg im Hof eines “Palazzo in Siena,“ als“ diese Stadt wieder des erste Wettrennen, den Palio, veranstaltet. Wir lernen allerlei Menschen kennen, vor allem drei Brüder, den Arzt Roberto, einen ehemaligen Partisanen, ruppig und politisch aggressiv fast gegen jedermann, den ehemaligen Faschisten Luigi und das „schwarze Schaf“ der Familie, den lange verschollen gewesenen Edmondo, der nun aus Portugal als reicher Mann mit Frau zurückkehrt und alle beglücken will. Es gelingt ihm aber nicht, den besten Jockey als Vertreter des Stadtviertels, in dem der Palazzo liegt, für das Rennen anzuwerben, so geht er schließlich wieder davon. Noch einen Verschollenen gibt es, Cesare, der am Ende des Kriegs desertierte, verraten wurde und nun ebenfalls zu den Seinen findet.

Wie dünn sind heute oft die Stücke! Das hier ist prall-voll lebendigsten Lebens, besitzt eine Fülle meisterlich gezeichneter Figuren, erweist sich reich an verschiedensten Motiven. Damit bietet Fry ein Zeitbild, das die Stimmung jener Jahre trefflich einfängt. Hat es Bezug zu uns? Die Gestalt, die knapp vor Schluß auftritt, Cesare, verkündet die Notwendigkeit einer inneren Evolution des Menschen. Das aber ist dem Stück lediglich aufgesetzt.

Unter der Regie von Rudolf Kautek entstand eine vorzügliche, in allen Rollen deckend besetzte Aufführung. Manfred Jaksch macht ohne Übertreibung das Wider-sätzliche des Roberto glaubhaft, Bernhard Hall ist ein drollig umgänglicher Luigi, Albert Rolant ein ruhig überlegener Edmondo. Als Vater der drei zeichnet Harry Fuß eine in jeder Geste lebendige Gestalt. Renate Bernhard verbindet das Attraktive von Edmondos Frau mit Ansätzen zu Intellektualität, bei Joseph Hendrichs spürt man das Erlebnisbedingte seiner Forderung. Aber auch Julia Gschnitzer, Petra-Maria Antze, Michael Herbe überzeugen voll in ihren Rollen. Das Bühnenbild von Georg Schmid hat den Reiz südlicher Architektur, ohne in penetranten Naturalismus zu verfallen.

Meisterwerke der Bühnendichtung wollen wir nicht in durchschnittlichen und schon gär nicht in unterdurchschnittlichen Darbietungen sehen. Nun spielt das Volkstheater derzeit Shakespeares bezaubernde Komödie „Was ihr wollt“ mit beschränkten Mitteln auf den kleinen Bühnen der Wiener Außenbezirke. Das Einheitsbühnenbild mit aufklappbaren Teilen — einer gemalten Hecke etwa — von Thomas Moog könnte da bei aller Schlichtheit durchaus genügen, vorzügliche darstellerische Leistungen vorausgesetzt. Aber schon der Regisseur, Uwe Berend, versagt hier. Voll deckend wirkt nur Renata Olarova als Maria, hervorzuheben sind ansonsten Ernst Meister als Malvolio, Erwin Strahl als Orsino und Arn-fried Hanke als Sebastian. Der munter polternde Hanns Otto Ball bleibt als Tobias den Alkoholdunst schuldig.

Noch gibt es vereinzelt Boulevar-diers. Dazu gehören Pierre Barillet und Jean-Pierre Gredy, von denen drei Stücke an vielen deutschspra-:higen Bühnen, auch bei uns, gespielt wurden. Um sie nicht zu konkurrenzieren, war die vor 20 Jahren entstandene Komödie „Jetzt werden wir reich und glücklich“ für diesen Bereich gesperrt. Nun brachte sie die Kleine Komödie zur deutschsprachigen Erstaufführung. Glücklich werden? Das sind eigentlich Geraldine und Thierry bereits, wieweit es das mangelnde Geld bei Abneigung gegen Arbeit zuläßt. Doch die Autoren erweisen sich als nicht verlegen, sie haben für Geraldine einen älteren Röhrenkönig und für Thierry eine'“Platinkönigs witwe aus Kolumbien parat und lassen die Jungen an Sanierung durch Ehe mit den Geldfundierten bei baldiger Scheidung denken. Erraten! Zum Standesamt begeben sich schließlich der Röhrenherr und die Platindame. Für witzige Passagen ist mehrfach gesorgt. Flotte Wiedergabe unter der Regie von Helmut Siderits mit hilianette wirkungssicher als Jet-Set-Dame. Etwas forciertes Spiel von Helga Bakowski als Geraldine, konventionelles von Bernd Ander als Thierry. Trefflich Gustav Elger als Soignierter mit grauen Schläfen, glaubhaft Werner Greil als Taxichauffeur. Wolfgang Müller-Karbach entwarf einen passabelen Wohnraum.

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