6867249-1978_08_13.jpg
Digital In Arbeit

Energie in Österreich

Werbung
Werbung
Werbung

FURCHE: Auf welchen Standbeinen steht Österreichs Energieversorgung und wie haben sich die Relationen in den letzten Jahren verschoben?

STARIBACHER: Ich sage immer: Am liebsten bin ich ein Tausendfüßler, was sich in der Ölkrise auch am besten bewährt hat. Ich habe immer“ versucht, unsere Abhängigkeit vom Ausland auf möglichst viele Länder zu verteilen. Tatsache ist, daß wir derzeit zwei Drittel der verbrauchten Energie nach Österreich einführen müssen.

FURCHE: In welchen Bereichen der Energieversorgung ist Österreich vom Ausland besonders abhängig? Wie sicher ist das russische Erdgas?

STARIBACHER: Österreich ist in der Energieversorgung in allen Bereichen seit eh und je vom Ausland abhängig. Wir haben immer schon Energie importieren müssen. Schon in der Monarchie haben wir Kohle aus Schlesien und der heutigen Tschechoslowakei eingeführt, was damals eine Selbstverständlichkeit war. Auch in der Ersten Republik mußten wir Energie einführen, in neuerer Zeit ist dann noch dazugekommen, daß wir in der Ölversorgung vom Ausland besonders abhängig sind. Außerdem bekommen wir pro Jahr 2,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus der Sowjetunion. Was diese Verträge mit Rußland betrifft: Die Sowjetunion ist unerhört penibel, bis es zu einem Vertrag kommt, wenn aber ein Vertrag da ist, dann wird er bis zum letzten Beistrich eingehalten. Das hat sich schon wiederholt gezeigt.

FURCHE: Was wurde getan, um Österreichs Energieversorgung unabhängiger zu gestalten?

STARIBACHER: In einem Ausmaß, in dem es bisher nie geschehen ist, haben wir Primärenergiequellen ausgebaut. Das gilt etwa für die Kohle, die im erweiterten weststeiri-schen Kohlenrevier und auch in anderen Revieren rationell gewonnen wird. Das gilt besonders auch für den Bereich der Wasserkraft. Nach dem bisherigen Kraftwerksbau versuchen wir, die restlichen Gebiete auszubauen, etwa die Salzach, die Obere Drau, wir bauen auch die Speicherkraftwerke aus, Osttirol kommt da noch an die Reihe, im Burgenland wird mit den Ungarn gemeinsam ein Kohlenfeld in Angriff genommen.

FURCHE: Die von den Autoren des Berichts an den Club of Rome nicht erfundene Begrenztheit der Rohstoffe sowie die Auswirkungen des Energieverbrauchs an die bedrohte Umwelt setzen neue Maßstäbe für die Energiepolitik. Was bedeutet das für Österreich?

STARIBACHER: Wir versuchen zu sparen, Energie nicht zu verschwenden. Auf diesem Gebiet haben wir auch schon gute Erfolge vorzuweisen. Im Vorjahr konnte der Verbrauch von öl und ölpro-dukten um sieben Prozent gesenkt werden. Auch die Stromzuwachsrate betrug letztes Jahr nur 3,3 Prozent, womit die bisherigen Zuwachsraten halbiert wurden.

FURCHE: Welches Wachstum im Energieverbrauch ist für ein Land wie Österreich

möglich und wahrscheinlich, welches notwendig und sinnvoll?

STARIBACHER: Das hängt ausschließlich von der Konjunktur ab. Die Zuwachsraten für die nächsten zehn Jahre werden mit 5,7 statt wie bisher sieben Prozent prognostiziert. Mir erscheint das immer noch viel. Welche Zuwachsraten meinen Wünschen entsprechen? Da kann ich mich nicht festlegen. Das muß alle Jahre auf Grund der abgelaufenen Ergebnisse korrigiert werden. Auf den Gebieten der Heizung oder technischen Verwertung werden wir den Verbrauch noch weiter einbremsen müssen. Hier ist es am wirkungsvollsten. Denn die für die Beleuchtung aufgebrachte Energie macht nur zwei Prozent vom Stromverbrauch oder 0,2 Prozent vom gesamten Energieverbrauch aus. Das heißt: Wenn wir alle im Dunkeln leben würden, hätten wir vielleicht einen Baby-Boom nach neun Monaten, aber auf den Energieverbrauch würde sich das nicht auswirken.

FURCHE: Wenn Sie selbst im Bereich Ihrer Familie Energie sparen wollen, wo fangen Sie da an?

STARIBACHER: Ich bin an und für sich ein sparsamer Mensch. Viele sagen, ich bin knausrig. Aber am ehesten würde ich beim Wärmeverbrauch ansetzen. An unserem Miethaus werden jetzt gerade Reparaturen vorgenommen. Da werde ich die Fenster abdichten lassen, die sind noch in einer meiner eigenen Energiepolitik feindlichen Verfassung.

FURCHE: Welche neuen und umweltfreundlichen Technologien auf dem Energiesektor haben in Österreich Zukunft?

STARIBACHER: Das Wissenschaftsministerium hat eine ganze Reihe von Studien und Untersuchungen angeregt. Das geht von der Erdwärme bis zur Sonnenenergie. Aber inwieweit diese Technologien in absehbarer Zeit industriell nutzbar sind, kann ich nicht sagen. Ich glaube sogar, daß diese Alternativen in Österreich nicht sehr stark ins Gewicht fallen werden.

FURCHE: Zum Schluß eine unvermeidliche Frage: Wie ist Ihr Verhältnis zur Atomenergie? Glauben Sie persönlich, daß Österreich in zehn oder zwanzig Jahren ohne Atomenergie nicht. auskommen wird?

STARIBACHER: Meine persönliche Einstellung zur Atomenergie war immer, daß auf Grund der Ergebnisse von allen Instituten und Fachgremien weltweit insbesondere für die Industriestaaten keine andere Möglichkeit besteht und man daher auf die Kernkraft nicht verzichten kann. Um die Jahrtausendwende wird es, und das ist meine sichere Uberzeugung, noch andere Energieformen geben, die uns derzeit aber nicht zur Verfügung stehen.

Das Gespräch mit Bundesminister Dr. Josef Staribacher führte Alfred Grinschgl.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung