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Ideen-Feuerwerk für Wien!

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wie die Errichtung eines Donaukraftwerkes im Bereich Freudenau.

Als sich die Stadt Wien im Vorjahr entschloß, gemeinsam mit den DOKW den Wettbewerb „Chancen für den Donauraum Wien" auszulohen, stand dahinter die Überlegung, das gesamte geistige, planerisch denkende Potential dieser Stadt anzusprechen.

Die besten planerlschen Köpfe, aber auch alle interessierten Bürger sollten sich in diesem wohl bisher einmaligen ideen-wettbewerb mit der Herausforderung auseinandersetzen, eine Zukunftsperspektive zu erstellen, die Wien den Weg ins dritte Jahrtausend weist.

Diese IHerausforderung ist von vielen Menschen angenommen worden, die sich mit dieser Stadt identifizieren. Der Wettbewerb hat eine Fülle von Ideen erbracht, die nach entsprechender Bearbeitung und Auswertuhg den politischen Entscheidungsträgern und der Verwaltung unschätzbare Unterstützung und Anregung für ihre zukunftsbezogene Arbeit bietet.

Was da zwischen August 1986 und Jänner 1987 über die Bühne ging, war sozusagen Teil 2 des erfolgreichen „Wiener Modells" der Planung. Bereits in den siebziger Jahren brachte ein mittlerwelle international beachteter Wettbewerb heute unbestrittene Vorteile für die Stadt: Der Hochwasserschutz wurde harmonisch mit den Einrichtungen der Neuen Donau und der Donauinsel - heute Wiens Freizeitparadies Nummer 1 - verbunden. Schon damals hatte eine internationale Jury welterreichende Empfehlungen gegeben.

Jetzt ging man noch einen Schritt weiter: Die Planung sollte noch transparenter und vor allem vielschichtiger werden. Transparent, das heißt, daß die Bürger in einem umfangreichen Bürgerbeteiligungsverfahren bereits vor Wettbewerbsbeginn einbezogen wurden. Vielschichtig heißt, daß „interdisziplinäres" Arbelten von Beginn an unumgänglich war. Nicht nur Planer, Architekten und andere einschlägige Fachleute sollten Vorschläge erarbeiten - sie sollten es zusammen mit Ökologen, Humanwissenschaftern und Vertretern anderer Disziplinen tun.

Der Wettbewerb „Chancen für den Donauraum Wien" entwickelte sich zu einem mehrdimensionalen Planungsvorgang. Einerseits war vom Wettbewerbsgegenstand her auf drei Teilgebiete einzugehen: Im Teil A (Donauraum Wien) auf städteplanerische Überlegungen im weitesten Sinn, im Teil B (Stromlandschaft) vor allem auf die Ökologie der Donaulandschaft in Wien und im Teil C (Kraftwerksbereich) eben auf ein mögliches Donaukraftwerk Freudenau.

Um das gesamte geistige Potential auszuschöpfen, gab es drei Teilnehmergruppen: die Ziviltechniker, Studenten, Hoch-schulabsolven’ten und Fachleute in interdisziplinären Teams (im Parallelwettbewerb) und alle Interessenten, die in Wien leben, arbeiten oder studieren (im offenen Wettbewerb).

Bürgerbeteiligung, das war für ein Planungsverfahren dieser Größenordnung Neuland für alle Beteiligten. Für die Bürger selbst, die da ihre Meinungen und Vorschläge einbringen sollten, für die Politiker, die Beamten und die Experten, die es bisher gewohnt waren, mehr oder weniger allein zu planen und zu entscheiden.

Wien wählte folgenden Lösungsversuch: Jeder Elnzelbürger, aber auch Interessen-verbände jedweder Art konnten anhand eines Fragebogens („Bürgervotum") mit der Möglichkeit, zusätzliche Vorschläge einzubringen, bereits vor Wettbewerbsbeginn Stellung nehmen. Informationen dazu bot vor allem das INFO-Zentrum Donauraum, eine permanente Ausstellung im Wiener Messepalast.

Das Echo war erstaunlich: Mehr als 4000 Interessenten nahmen sich Zelt und Mühe, den Fragebogen abzuholen oder anzufordern, ihn auszufüllen und abzugeben oder einzusenden.

Daraus wurde von einem renommierten Meinungsforschungsinstitut ein zusammenfassender Bericht erstellt. Dieser diente als eine der Planungsgrundlagen für die Wettbewerbsteilnehmer und lag auch der Jury vor.

Womit die Bürgerbeteiligung noch nicht abgeschlossen ist: In der zweiten Phase hat wieder jeder Interessent die Möglichkeit, anhand der ausgestellten Arbelten und Jury-Empfehlungen sowohl die Leistungen der Wettbewerbsteilnehmer wie die Arbeit der Jury kritisch zu beurteilen (siehe INFO-Zentrum Oonauraum).

Unter detn Vorsitz des Darmstädter Universitätsprofessors für Städtebau, Thomas Sieverts, tagte die 32köpfige internationale Jury für den Wettbewerb „Chancen für den Donauraum Wien" in der Zeit vom 27. Februar bis zum 6. März 1987 im Wiener Messepalast.

Dem Grundgedanken des gesamten Wettbewerbs, nämlich Interdisziplinär zusammenzuarbeiten, entsprechend, war auch die Jury zusammengesetzt aus Fachleuten aus den verschiedensten Bereichen. Vertreten waren Ökologen, Wasserbauer, Architekten, Städteplaner, Soziologen und Humanwissenschafter ebenso wie Kraftwerksbauer und Spitzenbeamte aus verschiedenen Berelchen.

Die Jury, die bis zu ihrer Pressekonferenz am 6. März völlig autonom war. gab einige wesentliche Empfehlungen ab:

• Einstimmig für eine Staustufe Wien Die Errichtung einer Staustufe Wien wurde einstimmig vor allem aus ökologischen Gründen empfohlen. Dazu Prof. Sieverts im Originalton: „Die Eintiefung der Donau zwingt zum Handeln. Die Jury Ist eindeutig zu der Überzeugung gekommen, daß ein Staukraftwerk Wien eine geeignete Maßnahme darstellt. Wir empfehlen aber auch, zum besseren Verständnis der Entscheidungsgrundlagen, alle Vor- und Nachteile zu bilanzieren und auch die Alternativen genau darzustellen."

• Eindeutig abgelehnt wird eine 6. Donaubrücke.

• Sehr zurückhaltend bis ablehnend wird ein Zentralbahnhof am Handelskai beurteilt.

• Die Frage einer Weltausstellung würde von der Jury als noch nicht entscheidungsreif bezeichnet,

• Weitere Vorgangsweise: Die Jury empfahl eine Weiterbearbeitung in allen Wettbewerbstellen. Insbesondere die unterschiedlichen Kraftwerksprojekte und -typen, die im Wettbewerb prämiiert wurden, sollen bis Herbst 1987 weiterbearbeitet und untersucht werden. Dann will die Jury weitere Entscheidungen treffen und Empfehlungen abgeben.

Diese Weiterbearbeitung und vor allem eine öffentliche Beurteilung waren bereits vor Wettbewerbsbeginn vorgesehen.

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