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Im Museum kann man was erleben

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Eine unüberschaubare Menge von Schülern aller Altersgruppen stürmt die Eingangshalle des Naturhistorischen Museums in Wien. Ein mit Teddybären dekorierter Informationsstand und ein Verkaufsladen mit Teddys aller Größenordnungen sind die Anziehungspunkte. Nicht alle Schüler können heute - kurz vor Beginn der Sommerferien - durch einen Museumspädagogen betreut werden. Daher fallen die Führungen durch die derzeit laufende Ausstellung „Bärenlese. Zum Wesen des Teddys" etwas kürzer aus.

Am Informationsstand liegen von Museumspädagogen erstellte Arbeitsblätter für unterschiedliche Altersgruppen auf. Sie werden diesmal nur an die Lehrpersonen verteilt und nicht, wie sonst üblich, an Ort und Stelle von den Kindern ausgefüllt.

Bereits seit 1981 gibt es am Naturhistorischen Museum eine Abteilung „Wissensvermittlung und Öffentlichkeitsarbeit" mit einer hauptamtlichen Museumspädagogin. Unter Pädagogik im Museum versteht man die Kunst, Museen für bestimmte Zielgruppen verständlich zu machen und dadurch für ein Publikum unterschiedlichster Prägung interessant und ansprechend zu präsentieren. Im Ausland wird Museumspädagogik seit vielen Jahren erfolgreich praktiziert. • Frau Hadwig Kräutler ist seit kurzem für diesen Bereich in der Österreichischen Galerie im Belvederezu-ständig. Sie hat Kunstpädagogik an der Akademie der bildenden Künste und Anglistik an der Universität Wien studiert, und Museologie in Leice-ster. Sie meint, daß die Arbeit erst am vielverprechenden Beginn stehe und will im „Torwärterhäuschen" des Unteren Belvedere eine nach fachspezifischen Aspekten orientierte kleine Bibliothek, vor allem zur Benützung für Lehrpersonen, aufbauen. Wichtigste Ansprechpartner für die Museumspädagogen sind naturgemäß die Lehrerinnen und Lehrer.

In Österreich wurde der Museumspädagogische Dienst durch Zusammenarbeit der Bundesministerien für Unterricht, Kunst und Sport und für Wissenschaft und Forschung vor annähernd zehn Jahren ins Leben gerufen. Damals schon waren Hadwig Kräutler und Heiderose Hildebrand zusammen mit einschlägig geschulten Fachkräften am Aufbau der Publikumsarbeit tätig und leisteten gleichsam Pionierarbeit. Da sich das Projekt in der ursprünglich vorgesehenen Form nicht bewährte, wurden in weiterer Folge die Mitarbeiter an verschiedene Museen verteilt. Als sichtbares Zeichen blieb der „Museums-bogen", ein regelmäßig erscheinendes Informationsblatt mit einem umfassenden Verzeichnis von Aktivitäten auf museumspädagogischem Gebiet in Wien und den Bundesländern, Kontaktadressen mit Namen der mit Publikumsarbeit beschäftigten Personen.

Als erstes Bundesmuseum leistete sich das „Naturhistorische" eine mit Museumspädagogik beschäftigte Dienststelle, seit mehr als elf Jahren wird hier direkt im Museum vorbildliche Arbeit geleistet. Als besonders glückliches Beispiel für Ausstellungsdidaktik nennt Museumspädagogin Elisabeth Belicic die bis 26. Oktober dieses Jahres laufende Teddybären-Ausstellung.

Den Schülern der vierten Volksschulklasse Grubergasse im 16. Wiener Gemeindebezirk wird beispielsweise gerade der Teddybär vor allem als Freund und „besserer Mensch" spielerisch näher gebracht. Und trotz der Schüler-Fragen „Wie lange dauert's noch?" lauschen sie dann doch aufmerksam, finden die als Marilyn Monroe, Elvis Presley und Abraham Lincoln verkleideten Bären besonders witzig, lassen sich aber von den echten, ausgestopften Originalbären am meisten beeindrucken.

Unter der Devise „Schauen - Spielen - Selberforschen" werden Führungen, schriftliche Arbeitsmaterialien, Lehrer- und Unterrichtsprojekte, aber auch Veranstaltungen im Rahmen des Wiener Ferienspiels angeboten. Ein Kindersaal steht als ständige Freizeiteinrichtung zur Verfügung. Projektartige Arbeitsformen werden bevorzugt, auch die Betreuung von Behinderten wird hier in besonderer Weise berücksichtigt.

Im Aufbau annähernd parallel dazu existiert am Kunsthistorischen Museum eine Abteilung für Museum und Publikum. Um möglichst für alle Zielgruppen - Volks-, Mittel-, Haupt- und berufsbildende höhere Schulen wie auch die Erwachsenengruppen von Volkshochschulen, Vereinen, Berufs-, Interessengruppen, Spezialisten - spezielle Programme anbieten zu können, sind sehr unterschiedliche und zeitaufwendige Vorbereitungsarbeiten zu leisten. Das reicht von Arbeitsblättern - vor allem für Schüler mit thematischen Ausarbeitungen für bestimmte Altersgruppen - und Führungen über Plakate bis zu Kinderfesten.

Idealistische Fachkräfte

Damit der Museumsbesuch zum Erlebnis wird, werden österreichweit vorläufig noch weitgehend auf Honorarbasis arbeitende, freiberuflich tätige, einschlägig geschulte Fachkräfte als Führungspersonal eingesetzt. Zum Teil sind sie auch aus dem Verein „Das Lebende Museum" hervorgegangen. Elisabeth Uriu, Dolmetscherin, die lange Zeit in New York lebte und nun ihr Kunstgeschichtestudium in Wien abschließt, macht ebenso wie Anna Häusler, Hauptschullehrerin und Studentin der Theaterwissenschaft, Schülerführungen in der Österreichischen Galerie. Sie beschäftigte sich zunächst im Rahmen des Historischen Museums der Stadt Wien mit museumspädagogischen Projekten, wo es den Kindern sogar ermöglicht wurde, selbst Sandsteinblöcke zu behauen, um Einblick in die Arbeit eines Steinmetzen zu erhalten.

Nicht zuletzt der idealistische Einsatz dieser Fachkräfte bewirkt, daß immer mehr interessierte Lehrpersonen, Schüler und Erwachsene die angebotenen Programme in Anspruch nehmen. Auch die von Hadwig Kräutler für die Österreichische Galerie im Belvedere angeregten und von ihr in Zukunft regelmäßig geplanten Veranstaltungen wie etwa Öpen-House-Nachmittage werden sich herumsprechen. Wächst doch eine Generation heran, die solche Angebote als Selbstverständlichkeit betrachtet.

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