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Im Wiener Mozart-Stil

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Wie sehr oft Politik und Kunst in-einanderspielen, ist am Beispiel von Mozarts Entführung aus dem Serail leicht zu sehen: In den siebziger Jahren des 18. Jahrhunderts sah sich Österreich. von Rußland so bedroht, daß es beinahe zum Bundesgenossen

• Die soeben fertiggestellte Besucherstatistik für die diesjährigen Veranstaltungen des Steirischen Herbstes weist einen Besucherrekord aus. Insgesamt wurden Veranstaltungen des Steirischen Herbstes von 71.123 Personen besucht. 53.791 entfallen davon auf das Hauptprogramm, 17.3332 auf das Rahmenprogramm. — Allein die Veranstaltungen im Open house besuchten 21.000 Personen. Trigon und die Ausstellungen im Hauptprogramm des Steirischen Herbstes konnten insgesamt 14.810 Besucher verzeichnen, die Konzerte des Musikprotokolles, die fünf gutbesuchten Konzerte im Open house nicht eingerechnet, wurden von 4900 Interessenten besucht. Großes Interesse fand auch die Veranstaltungsreihe „Meisterwerke' des Avantgarde-Films“, bei der man insgesamt 6500 Besucher zählte. der Türkei werden mußte. Eine Umformung des traditionellen Bildes vom Türken war das Gebot der Stunde; leider ist keine „Propaganda“ in der weiten Welt so hübsch ausgefallen wie die des „göttlichen Mozart“ (Richard Strauss)... Dies als Ergänzung zum Programmheft der Neuinszenierung durch Oscar Fritz Schuh, der eine Lanze für den „realen Stil“ brach.

Diese Realitätsbezögenheit führte auch dazu, daß Schuh als Regisseur die „Entführung“ tatsächlich als Singspiel auffaßte: die Bühnenfiguren sind als Schauspieler geführt, vor allem in der Dialogregie ist das gut zu bemerken. Steifer und traditioneller geht es schon beim Singen zu, hier ist kaum ein neuer Einfall zu bemerken, aber, und das spricht für Schuhs Stilwissen und seine reiche Erfahrung (schließlich hat er den Mozart-Stil, mit dem viele von uns aufgewachsen sind, entscheidend mitgeprägt), er macht natürlich keine modernistischen Fehler wie das Herausarbeiten der „gesellschaftlichen Aspekte“ und was man da so alles entdeckt. Der Revolutionär Mozart hat die richtige Dosis ja bereits selbst gefunden, Schuh geht dem bloß getreulich nach, und so können keine Verfälschungen passieren. Zur realistischen Strenge paßt das von starkem Stilwillen getragene Bühnenbild Tont Busingers, daß er aber in erbarmungsloser Konsequenz auch den Garten (2. Akt) auskachelte, war nicht sehr glücklich; dafür rächten sich dann einige seiner Kostüme, indem sie farblich nicht sehr entsprachen. — Die musikalische Leitung hatte der junge Reinhard Schwarz, dem man uneingeschränktes Lob aussprechen darf; er scheint das richtige Gefühl für Mozart zu haben; daß aus dem braven Orchester (namentlich in den Streichern) nicht mehr Glanz herauszuholen war, darf wirklich nicht ihm angelastet werden. Letztlich hat das Haus am Gürtel mit dieser Inszenierung einen Qualitätsstand erreicht, der sich auch neben der mit wesentlich höherem Budget operierenden Staatsoper sehen lassen kann.

Unter den Sängern erwies sich Adolf Dallapozza (Pedrillo) als Glücksfall: ein echter Mozart-Sänger; sein geliebtes Blondchen (Ilonka Szep) sieht reizend aus, Albert Kraus als Belmonte ist farblos, aber tadelfrei im Musikalischen, Patricia Wise erfüllt die stimmlichen Anforderungen (Konstanze) nicht immer mühelos, bietet aber viel Innerlichkeit und Ausdruckskraft (Marternarie!), der Baß von Rudolf Mazzola ist für die Rolle des Osmin zwar etwas klein, aber dafür wird er mit exzellenter Technik und viel Geschmack eingesetzt. — Und da in Direktor Dönchs Hause nach einem glücklichen Konzept deutsch gesungen wird, empfiehlt sich diese Produktion (auch) für alle, die noch keine Mozart-Anbeter sind: „Entführung“ als Einführung.

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