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Japan - ein heißer Boden für den Pilgerpapst aus Rom

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Der erste Besuch des Papstes im Fer­nen Osten, besonders in Japan (23. bis 26. Februar), wo die Christen kaum ein Prozent der Bevölkerung ausmachen, ist ein riskantes Unternehmen. „Papst, geh zur Hölle!“ plärren die Lautspre­cherwagen von links- und rechtsextre­men Banden. j

Ihnen mißfällt, daß der Papst den Kaiser besucht - zwar nicht als Staats­chef, sondern als Religionsoberhaupt - einen Kollegen, der zwar als Himmels­sohn abgedankt hat, aber immer noch als oberster Priester der Nation religiöse Funktionen ausübt. Ihre Revolverjour­nalisten eifern gegen den „strammen Antikommunisten“ aus Polen, der Ja­pan in eine antisowjetische Front ein­reihen wolle.

Gerade das aber erwarten andere Rechtspolitiker, aus deren Kreisen die Einladung zuerst nach Rom geflogen war. Ein Philanthrop, Gangsterhäupt­ling. Kriegsverbrecher wäre deswegen bereit gewesen, eine Million Dollar zur Finanzierung des Unternehmens auf den Tisch zu blättern, worauf aber die Bischöfe verzichteten.

Diese Kreise stehen in der Verwirkli­chung eines Zehnjahresplans, der die in der Nachkriegsverfassung ausgespro­chene Trennung von Religion und Staat rückgängig machen will. Das heißt im Klartext: Einführung des nationalisti­schen Ethikunterrichts, Wiedereinset­zung des Shinto als Staatsreligion und des Kaisers als Staatsoberhaupt. All das ist nicht möglich ohne Verfassungs­revision.

In der Regierungspartei bildete sich

eine „Religionsforschungsgruppe“ von 50 Parlamentariern mit religiösen Affi­liationen, die darauf bedacht sind, nach dem Muster der buddhistischen Soka- gakkai, die sich in der Komeito eine po­litische Partei zulegte, die Anhänger der verschiedenen Religionen für die Liberaldemokratische Partei (LDP) zu mobilisieren.

Diese Kreise sind an einer „ Gesell­schaft zum Schutz Japans“ beteiligt, in der Shintoisten, Buddhisten, (Zen, Tendai) und sogenannte „Neue Religio­nen“ sich zusammenfanden. Sie wa­ren vor drei Jahren auch an den Vati­kan herangetreten, um gemeinsam eine

internationale Ethik-Konferenz der Weltreligionen zu organisieren. Daß sie alle weit auf der Rechten angesiedelt sind, erkannte man in Rom zunächst nicht.

Das Prestige des Vatikans sollte dem Unternehmen weltweite Resonanz ver­leihen. Die Konferenz war im letzten Oktober, žum 90. Jubiläum des Erzie­hungsreskripts von Kaiser Meiji, ge­plant und der Papstbesuch war zuerst auf diesen Termin erwartet worden.

Glücklicherweise erkannte der Vati­kan noch früh genug das hintergründige Spiel, sodaß die Konferenz bis heute nicht zusammentraf.

Der Papst kommt nun auf Einladung der Bischöfe zu einem rein pastoralen

Besuch. Die gesamten Kosten werden von den Gläubigen aufgebracht, was für die kleine Herde nicht leicht ist.

Der Papst besucht die Gedenkstätten der Atombombardierungin Hiroshima und Nagasaki und wird einen dringen­den Aufruf zur Abrüstung und zum Weltfrieden ergehen lassen. In Naga­saki wird er auch auf die Nachkommen jener alten Christen treffen, die 260 Jahre lang ohne Priester und Sakra­mente den Glauben bewahrt hatten. In der langen Verfolgungszeit hatte Japan schätzungsweise 40.000 Märtyrer ge­stellt.

Es zahlt sich nun aus, daß die katho­lische Sophia-Universität die älteste Journalistenschule des Landes unter­hält. Der Großteil der Massenmedien bietet eine so weit gestreute und gründ­liche Information über die katholische Kirche an, wie sie das Land noch nie er­lebte.

Für die Freilichtmesse wollte man das verkehrstechnisch günstig gelegene Baseballstadion im Meijipark benüt­zen, das dem Meijischrein gehört. Des­sen Priester wollten es nur zur Verfü­gung stellen, wenn der Papst dem Schrein einen offiziellen Besuch ab­statte und sich vor dem Geist des Kai­sers Meiji verbeuge, was der Vorberei­tungsausschuß natürlich ablehnte.

Dies war genau jene Geste, die dem Shinto internationales Ansehen hätte verleihen sollen. Mit der Verweigerung des Platzes leisteten die Priester der christlichen Sache einen großen Dienst, indem sie den Mißbrauch des Papstes für politische Ziele verhinderten.

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