6798545-1971_22_09.jpg
Digital In Arbeit

Kirchenmusik - Heimat der Seele

19451960198020002020

Die Internationale Gesellschaft für katholische Kirchenmusik (Consociatio Internationalis Musicae Sacrae, kurz CIMS genannt) ist ein Expertenverband „De mandato Ecclesiae“, der von Papst Paul VI. kanonisch errichtet wurde mit der Bestimmung, die kirchliche Hierarchie über alle Anliegen der Musica Sacra und nicht zuletzt über wünschenswerte Maßnahmen, die ihre Würde und Entwicklung sichern könnten, zu unterrichten. Ihre erste große Tat war die Durchführung des Internationalen Kirchenmusikkongresses in Chikago/Milwaukee 1966. Nach einer Reform der Statuten (1969) wurde am 14. Jänner 1970 von Papst Paul VI. die neue oberste Leitung bestätigt mit Professor Doktor Jacques Chailley (Paris) als Präsident, Prälat Dr. Johannes Overath (Köln) und Prälat Dr. Richard Schuler (St. Paul, Minnesota, USA) als Vizepräsidenten.

19451960198020002020

Die Internationale Gesellschaft für katholische Kirchenmusik (Consociatio Internationalis Musicae Sacrae, kurz CIMS genannt) ist ein Expertenverband „De mandato Ecclesiae“, der von Papst Paul VI. kanonisch errichtet wurde mit der Bestimmung, die kirchliche Hierarchie über alle Anliegen der Musica Sacra und nicht zuletzt über wünschenswerte Maßnahmen, die ihre Würde und Entwicklung sichern könnten, zu unterrichten. Ihre erste große Tat war die Durchführung des Internationalen Kirchenmusikkongresses in Chikago/Milwaukee 1966. Nach einer Reform der Statuten (1969) wurde am 14. Jänner 1970 von Papst Paul VI. die neue oberste Leitung bestätigt mit Professor Doktor Jacques Chailley (Paris) als Präsident, Prälat Dr. Johannes Overath (Köln) und Prälat Dr. Richard Schuler (St. Paul, Minnesota, USA) als Vizepräsidenten.

Werbung
Werbung
Werbung

Die Gründung dieses hohen kirchlichen Gremiums fällt zeitlich mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil zusammen. Dies ist durchaus kein Zufall, sondern findet nicht zuletzt seine Erklärung darin, daß die Musica Sacra seit der 1910 erfolgten Eröffnung der Päpstlichen Musikhochschule durch den hl. Pius X. in Rom selbst ein eigenes Forum besitzt, auf dem das Anliegen ständig wahrgenommen wird. So erklärt sich auch, daß zum ersten Male in der fast zweitausend jährigen Geschichte der Kirche ein Allgemeines Konzil im Rahmen der „Konstitution über die hl. Liturgie“ der Kirchenmusik ein eigenes Kapitel widmet, aus dem ihr hoher Rang eindeutig hervorgeht. Der Rechtslage galt auch das erste, grundlegende Referat des Simposiums (Dr. Flatten, Bonn), das auf die wichtigsten Bestimmungen des II. Vatikanums hinwies. Hier wird ausdrücklich die Pflicht zur Gregorianik, das Recht auf Polypho- nie und die Pflege des Volksgesanges statuiert. Der lateinischen Sprache ist ein existenzfähiger Raum zu geben, auch das Volk soll lateinische Gesänge singen können. Die nach dem Konzil einsetzende Entwicklung brachte eine weitgehende Nationalisierung der Liturgie, die in vier Instruktionen ihren Niederschlag fand, von dem eine (1967) in beson-

derer Weise der Musica Sacra gewidmet ist. Auch hier wird die Poly- phonie für den feierlichen Gottesdienst empfohlen, aber mit Nachdruck verlangt, daß das Volk dabei nicht ausgeschaltet werden darf. Das Symposium beschloß einstimmig ein entsprechendes Votum nach Rom. Die Wiener Diözesansynode hat übrigens in ihrer ersten Session eine gute Lösung des Problems vorgeschlagen, wenn sie in einer eigenen Resolution (Nr. 26 der Kirchenmusikbestimmungen) empfiehlt, das polyphone Senctus vor dem Gesang des Priesters „Per ipsum" einzuschalten.

Die Frage des kirchlichen Volksgesanges wurde in Salzburg nur ganz am Rande behandelt. Es wurde begrüßt, daß die Arbeiten am „EGB“ nunmehr zügiger vorangetrieben werden, aber auch nicht mit ernsten Kritiken an den bisher erschienenen Vorpublikationen gespart, besonders in der Behandlung des Chorals. Größte Zweifel wurden geäußert, ob ein „Einheitsgesangsbuch“ überhaupt das geeignete Mittel ist, das Volk zum Singen zu bringen. Mit einigem Neid hörte man den Bericht des Domkapellmeisters Msgr. G. Miz- galski aus Poznan (Posen) über das blühende religiöse Leben in Polen, der in einer Schilderung der großen Milleniumswallfahrt zur Gnaden mutter von Czenstochau gipfelte, wo zwei Millionen Gläubige sich versammelten und — alle sangen!

Mehr Raum wurde der Behandlung der Probleme der Komposition gewidmet. Sie wurde durch ein Referat eines der bedeutendsten deutschen Kirchenkomponisten eingeleitet (Professor H. Schroeder in Köln). Er bekannte sich entschieden zum Fortschritt der Tonkunst, allerdings nicht im avantgardistischen Galopp,

sondern in ständiger Rücksicht auf die singende und hörende Kirche. Den negativen Tendenzen eines tönenden Materialismus stellte er das Wirken eines Hindemith, Honegger und Frank Martin entgegen. Er unterschied im Schaffen genau zwischen Melodie und Thema. Nur letzteres könne man bearbeiten, die Melodie aber müsse einem einfallen, sie sei reine Gnade. Im Hinblick auf die gegenwärtige Situation der schöpferischen Kirchenmusiker klangen seine Ausführungen ausgesprochen pessimistisch aus. Wie soll man im Kult die Kultur erhalten, wenn man das Ordinarium zerstört? Der Vorsitzende antwortete sofort mit einem überaus ermunternden Appell: Es sei kein Grund zur Resignation vorhanden. Im Künstlerischen bleibe auch weiterhin die Heimat der Seele begründet. Die Arbeit dafür lohne sich auch heute noch und sei um des Volkes willen notwendiger als je zuvor.

Abschließend ermunterte er die Kirchenmusiker, doch von den Möglichkeiten eines heute von der Kirche selbst empfohlenen Pluraslismus Gebrauch zu machen.

Das letzte Hauptthema des Symposiums bildete die Frage des Urheber rechtes bei kirchenmusikalischen Aufführungen. Der Vorsitzende regt an, umgehend auch mit der Evangelischen Kirche Österreichs zu sprechen, mit der deutschen Bischofskonferenz Fühlung zu nehmen und die einzelnen Mitglieder des österreichischen Episkopates besser zu informieren, nicht zuletzt auch über die Pläne zur Neuregelung des österreichischen staatlichen Urheberrechtes. Nach Schluß dieser Sitzung folgte unmittelbar die feierliche Audienz beim Salzburger Oberhirten, Erzbischof Dr. Eduard Macheiner, der den eingehenden Bericht über den Verlauf der Tagung mit Dank und Befriedigung zur Kenntnis nahm und die Versicherung abgab, daß die außerordentliche Sitzung der Bischöfskonferenz am 1. Juli in Salzburg die Frage des Urheberrechtes bestimmt behandeln werde. Das Salzburger Symposium, von Overath für den deutschen Sprach- raum einberufen, war von 39 Teilnehmern aus Österreich, Deutschland, Belgien, Holland und der Schweiz sowie aus Polen und Jugoslawien besucht. Es waren Wissenschaftler, Komponisten, Kapellmeister, Pädagogen und Musikverleger, in der Mehrzahl Mitglieder der

CIMS, aber auch einige Gäste geladen.

Es war auch gedacht als Vorbereitung des ersten Treffens der Landesleiter des CIMS, das bereits 1972 unter Vorsitz ihres Präsidenten Professor Dr. J. Chailley in Venedig stattflnden wird.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung