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Digital In Arbeit

Management entdeckt Kultur

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In einer kürzlich vorgelegten Studie konnten wir belegen, daß die sogenannten Copyright-Industries, das sind Sektoren, die sich mit der Produktion und Distribution von urheberrechtlich geschützten Werken befassen, 26,5 Milliarden Schilling Wertschöpfung zum Bruttoinlandsprodukt beitragen. Über zwei Prozent unseres Wohlstandes sind damit direkt auf Kunst- und Kulturprodukte rückfiihrbar, und mehr als 74.000 Beschäftigte arbeiten in diesem Bereich.

Dieses an sich beachtenswerte Ergebnis gewinnt aber noch an Bedeutung, wenn man Multiplikatoreffekte berücksichtigt, also Wir-

kungen, die in vorgelagerten Wirtschaftsbereichen anfallen, wie zum Beispiel die Wertschöpfung in der Papierindustrie, die durch eine Buchproduktion ausgelöst wird. Dazu kommen noch „externe Effekte“, das heißt Umwegrentabilitäten, die aus künstlerischen Produkten resultieren, wie zum Beispiel die Bedeutung von Theaterbesuchen für die Bekleidungswirtschaft, Gastronomie und Transportunternehmen.

Trotz der demnach offensichtlichen wirtschaftlichen Bedeutung können beträchtliche Berührungsängste zwischen dem Kunst- und Kulturbereichundden Wirtschaftswissenschaften nicht geleugnet werden: Künstler sehen ihre Autonomie und Kreativität durch betriebswirtschaftliche Überlegungen bedroht. In vielen Kunstbereichen finden sich Ängste vor einer „Kommerzialisierung“, die gleichgesetzt wird mit Selektionsmaßnahmen und Nivellierung auf breiten Publikumsgeschmack zulasten innovativer, schwieriger und an interessierten Minderheiten orientierter künstlerischer Produkte sowie Ereignisse.

Sehr oft begegnet man der Meinung, daß gehaltvolle Kunst keiner Vermarktung bedarf. Einfeingewobenes Netz an direkten und indirekten Subventionskanälen Btützt Aussagen dieser Art. Zudem gibt es auch wirtschaftlich erfolgreiche Produktionen, ohne daß dafür Marketing-Manager eingesetzt wurden.

Die genannten Argumente zählen allerdings nur vordergründig. Instrumente der Betriebswirtschaftslehre können Hilfsmittel für die Schaffung von Öffentlichkeitswirkung für Kunstprodukte darstellen beziehungsweise die zielorientierte Verwaltung vorhandener Kulturbudgets unterstützen.

Folgt man dieserSichtweise, dann geht es nicht darum, künstlerische Werke und das Wirken von Künstlern zu beeinflussen oder zu verändern, sondern mit betriebswirtschaftlichen Methoden Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine bestmögliche Distribution von Kunst und Kunstwerken zu potentiellen Ziclgruppen, Interessenten und Sponsoren ermöglichen. Mit gegebenen Budgets können bei effizientem Management größtmögliche große künstlerische Freiräume geschaffen werden. Der Betriebswirtschaftslehre kommt aus unse rer Sicht in diesem Zusammenhang eine wesentliche ergänzende Aufgabe zu.

In der innerbetrieblichen Gestaltung von Kunstbetrieben (zum Beispiel Theater, Festspiele, Museen) können in der Untemehmenspraxis gebräuchliche Methoden hilfreich sein. Insbesondere strategische Planungsmethoden sind zur Erarbeitung klarer Entwicklungskonzepte geeignet,’ die Widersprüchlichkeiten vermeiden helfen und zur besseren Information yon Geldgebern, Publikum und der allgemeinen Öffentlichkeit beitragen. Die Nutzung von organisationstheoretischen Konzepten, wie zum Beispiel Projektmanagementmethoden, kann Aufgaben in Bühnenbetrieben, Ver- anstaltungs- und Ausstellungsplanung ausgezeichnet unterstützen. Darüber hinaus ist der Einsatz besonders angepaßter Führungstechniken angeraten, zumal in Kunstbetrieben mit sensiblen Mitarbeitern kooperiert werden muß.

Auch für die Gestaltung der Außenkontakte ergibt sich eine Fülle von Einsatzmöglichkeiten für betriebswirtschaftliche Methoden, so zum Beispiel Verwendung von Marketing-Methoden, die über klassische Werbung hinausgehen, Analyse von Vertriebswegen, Kunden- und Zielgruppen mit zeitgemäßen Marktforschungsmethoden, Erstellung von umfassenden Marketingkonzepten, die auf der strategischen Planung beruhen, kundengerechte Gestaltung der Kartendistribution und des Bestellsystems.

Nicht zuletzt ist es wesentlich, traditionelle Pressearbeit in Richtung professioneller Öffentlichkeitsarbeit im Sinne umfassender Kom-

munikationskonzepte („Corporate- Communications“) zu entwickeln, die auf eine langfristige Gestaltung der Beziehungenzu den wichtigsten Interessentengruppen einer Organisation abstellen. Für einen Museumsbetrieb zum Beispiel sind das neben den Besuchern und der allgemeinen Öffentlichkeit unter anderem Kulturpolitiken Künstler, Museumspersonal, Angehörige der Gebietsverwaltung, Anrainer, Hochschulen und andere Museen.

Viele Märkte für künstlerische Produkte und Leistungen sind internationale Märkte und erfordern zum Wohle der österreichischen Wirtschaft und der weiteren Pflege des kulturdominierten Österreich- Images den konsequenten Einsatz von Methoden des internationalen Marketing.

Für alle angesprochenen Aktivitäten ist es wesentlich, die Barrieren zwischen Kunst und Wirtschaft abzubauen. Dazu kann eine Vielzahl von Maßnahmen beitragen. Dies betrifft gemeinsame Forschungsprojekte, fachübergreifende Veranstaltungen, Kooperationin Ausbildungsprogrammen und vor allem die uneingeschränkte Bereitschaft, andere Professionen kennen- zulemen, diese zu hören und voneinander zu lernen.

Fritz Scheuch ist Professor, Hartmut Holzmüller ist Assistent am Institut für Absatzwutschaft der Wirtschaftsuni versi tat Wien.

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