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Digital In Arbeit

Nadelstreif mit mehr Weiblichkeit a

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Frauen, so sagte man, sollten sich wie Männer verhalten, wenn sie in den Chefsessel wollen. Stimmt nicht, meinen Managerinnen. Und das sind nicht etwa schreibwütige Eman-zen.

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Frauen, so sagte man, sollten sich wie Männer verhalten, wenn sie in den Chefsessel wollen. Stimmt nicht, meinen Managerinnen. Und das sind nicht etwa schreibwütige Eman-zen.

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Obwohl „Feminine Leader-ship“ nicht das erste Buch zu diesem Thema ist, hat es in kurzer Zeit große Beachtung gefunden. Wahrscheinlich deswegen, weil hier eine hochqualifizierte Praktikerin zu Wort kommt.

Die Autorin Marilyn Loden ist die Gründerin der Consulting-Firma Loden Associates, New York, die sie gemeinsam mit ihrem Mann leitet. Diese Beratungsfirma befaßt sich vor allem mit Aufstiegsmöglichkeiten für Frauen, strategischer Planung, Team-Arbeit, Konflikt-Lösungen und anderen Management-Problemen. Frau Loden hält seit etwa fünfzehn Jahren neben ihrer Beratungstätigkeit Seminare und Vorträge, was maßgeblich dazu beigetragen hat, daß sie sich einen ausgezeichneten Namen gemacht hat.

Das Buch ist in drei Teile beziehungsweise in sechzehn Kapitel gegliedert, die unter anderem folgenden Themen gewidmet sind: die Wirtschaftsführung in einer Ubergangsphase; die dominierende Rolle des Mannes im Wirtschaftsleben; der Führungsanspruch der Frauen; die Industrie in der Krise; Karriere und Macht; das Leistungsprinzip und die Bereitschaft, Risiken zu übernehmen; Management als Teamarbeit; Intuition und Problemlösung; Streß und die Grenzen der Belastbarkeit; die Führungsrolle der Frau in der Zukunft.

Neu an dem Buch ist nicht die Thematik, sondern der Blickwinkel: Während man bisher den Frauen immer sagte, sie müßten sich an die Männerwelt anpassen, um im Berufsleben Erfolg zu haben, verurteilt Frau Loden jeglichen Konformismus und empfiehlt den Frauen, nicht dem männlichen Führungsmodell nachzueifern, sondern ihre eigenen Qualitäten und ihren eigenen Stil zu betonen: „Es ist unbestritten, daß Frauen genau so wie Männer angeborene Führungsqualitäten haben. Die Zeit ist reif, den Stil weiblicher Manager zu definieren und seine nützlichen Auswirkungen auf die Unternehmen zu erkennen, sodaß immer mehr Frauen verstehen, daß sie kein männliches Gehabe brauchen, um erfolgreich zu sein.“

Die Autorin hat zweifellos recht, wenn sie behauptet, daß nichts hartnäckiger ist als althergebrachte Vorurteile. Eines der vielen Vorurteile gegenüber

Frauen als Managerinnen oder Unternehmerinnen besagt, daß sie nicht im gleichen Maße bereit sind, Risiken zu übernehmen wie ihre Kollegen. Frau Loden zufolge ist diese Behauptung — wie viele andere — durch nichts erwiesen, es sei aber andererseits nicht leicht, sie schlüssig zu widerlegen.

Obwohl es heute schon hunderttausende Frauen in den USA gibt, die Posten im mittleren und höheren Management bekleiden, besteht nach Ansicht der Autorin die Gefahr, daß — wenn eine Wende nicht konsequent herbeigeführt wird — „noch weitere ein bis zwei Generationen von Frauen geopfert werden müssen, bevor das Ziel erreicht ist“. Unter dem Herbeiführen dieser Wende versteht Frau Loden die systematische Beseitigung aller Barrieren, nicht zuletzt der psychologischen, und zwar nicht nur durch die Frauen selbst, sondern auch durch die Männer. Wie weit ist es noch zu dem Ziel, das Frau Loden vorschwebt? Die Autorin warnt vor übertriebenem Optimismus und schätzt die Lage und Chancen der Frauen anhand zweier Tatsachen realistisch ein: Laut einer Untersuchung des amerikanischen Time-Magazine ist mehr als ein Drittel der Studierenden, die den Titel „Master of Business Administration“ (MBA) erlangen, Frauen. Demgegenüber nehmen Frauen nur fünf Prozent der höheren Management-Posten in den 60 größten amerikanischen Gesellschaften ein.

Noch krasser ist das Mißverhältnis, wenn man das Top-Management, also jenes der Vorstandsdirektoren, untersucht. Von den rund 14.000 Vorstandsposten, die es in den 1.000 größten amerikanischen Firmen derzeit gibt, entfallen nur 455 beziehungsweise drei Prozent auf Frauen. Das ist zwar gegenüber dem Jahr 1969 eine Verzehnfachung, das ändert aber nichts an der Tatsache, daß die heutige Situation für die Frauen in höchstem Maße unbefriedigend ist.

Diese Kluft kann unmöglich in absehbarer Zeit geschlossen werden. Vor allem wird sie sich niemals von selbst schließen, also ohne daß darauf hingearbeitet wird. Die zweite entmutigende Tatsache ist der Umstand, daß laut einer Untersuchung Frauen bei gleicher Arbeitsleistung weniger verdienen als Männer. Diese gehaltliche Diskriminierung wird zwar langsam abgebaut werden, aber noch im Jahr 2.000 wird eine Frau für eine Tätigkeit, die einem Mann einen Dollar einbringen wird, durchschnittlich nur 74 Cent verdienen.

„In den sechziger und siebziger Jahren, als viel von Gleichberechtigung (der Geschlechter) die Rede war, beging man den Fehler, Gleichberechtigung mit Gleichheit zu verwechseln. Selbstverständlich sind Mann und Frau nicht gleich, aber gerade weil sie nicht gleich sind, ergänzen sie einander in bester Art und Weise“, meint die Autorin an anderer Stelle.

Medizinische Untersuchungen haben ergeben, daß Frauen weniger streßanfällig sind als Männer, und zwar dank ihres unterschiedlichen Hormonhaushaltes. „In Streßsituationen wird bei den Männern mehr Adrenalin freigesetzt, was unter Umständen zu unüberlegterem Handeln führen kann“, behauptet die Autorin unter Berufung auf ärztliche Gutachten.

Es mag sein, daß Frau Loden in dem einen oder anderen Punkt ihrer Betrachtungen etwas zu überschwenglich wird oder über das Ziel hinausschießt, dem Buch tut dies aber keinen Abbruch.

Wie immer man über die Frau im wirtschaftlichen Bereich denken bzw. über dieses Buch urteilen mag, über eines muß man sich im klaren sein: Das Buch ist nicht das Ergebnis einer schreibwütigen Emanze, sondern ein ernstzunehmender und kompetenter Beitrag zu einem Thema, das zwar in Österreich noch nicht so brennend ist wie in den USA, das aber auch hier von Tag zu Tag an Aktualität gewinnt.

Der Autor ist Leiter der Repräsentanz der Genossenschaftlichen Zentralbank AG in New York.

„Feminine Leadership or How to Succeed in Business Without Being One of the Boys“. („Frauen inTTührungspositionen oder Erfolg im Wirtschaftsleben, ohne ein Mann zu sein von Marilyn Loden, erschienen bei Times Book New York, 306 Seiten, derz. 340 Schilling.

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