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Schlechter Scherz

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Zum ersten Mal seit 15 Jahren wird es 1983 nicht möglich sein, die Familienbeihilfen aus den Mitteln des Familienlastenausgleichsfonds abzudecken. Zuschüsse in Milliardenhöhe aus dem maroden Bundesbudget sind erforderlich.

Das ist das Ergebnis der von Finanzminister Androsch begonnenen und von seinem Nachfolger fortgesetzten Ausräumungen des Fonds für fremde Zwecke. Nach der Methode „Loch zu, Loch auf werden allein im heurigen Jahr dem Fonds 6,5 Milliarden Schilling vorenthalten und der defizitären Pensionsversicherung zugeleitet. Weitere 4 Milliarden dienen der Defizitverringerung anderer Institutionen (z. B. OBB).

Anfang 1981 wies der Reservefonds der Familien noch einen Stand von 9,4 Milliarden auf. Infolge der vorerwähnten Zweckentfremdung von Familiengeldern mußte der Voranschlag für 1981 die Entnahme von 3,1 Milliarden aus der Reserve vorsehen, für das laufende Jahr bereits weitere 3,4 Milliarden. Die Restreserve von 3 Milliarden wird 1983 umso weniger reichen, weil der Rückgang der Beschäftigtenzahl zwangsläufig zu einer Verringerung der Einnahmen für den Fonds für Familienbeihilfen führt.

Salcher verteidigt die Umwidmung von Familiengeldern, weil sie den „budgetpolitischen Spielraum im Hinblick auf die Arbeitsplatzsicherung" erweitert. „Diese Zielsetzung liegt vor allem im Interesse der Familien, da ein möglichst hohes Beschäftigungsniveau und die weitgehende Vermeidung von Arbeitslosigkeit die beste Voraussetzung für ihr Wohlergehen bietet "(Salcher)

Mit den gleichen Argumenten ließe sich auch ein Einfrieren der Pensionen rechtfertigen, um die eingesparten Beträge zur Arbeitsplatzsicherung zu verwenden. So wurde jedenfalls mit den Familien verfahren, die seit zwei Jahren keine Teuerungsabgeltung bekommen haben, für Kin-

der bis zu zehn Jahren ist die Beihilfe seit Jänner 1980 unverändert geblieben.

Mit anderen Worten: Bei der Umverteilung für Personenkreise, die gleichermaßen einer Förderung bedürftig sind, wird mit zweierlei Maß gemessen, auch dadurch, daß den ÖBB die Schülerfreifahrten aus dem Familienlastenausgleich bezahlt werden, während — erfreulicherweise — noch niemand den Vorschlag gemacht hat, der Bahn die Seniorenermäßigung aus der Kasse der Pensionsversicherung zu vergüten.

Bei der derart verschlechterten Finanzierung des Familienlastenausgleichs wirkt die fortgesetzte Weigerung des Finanzministers, für eine sparsamere Organisation der Schulbuchaktion zu sorgen, geradezu aufreizend. Für sie ist heuer mehr als eine Milliarde Schilling vorgesehen, 90 Millionen mehr als 1980 — und dies bei rückläufigen Schülerzahlen.

Trotz der schlechten Finanzen sieht Salcher keinen Grund, die Schulbuchaktion zu ändern. Es klingt wie ein schlechter Scherz, wenn er in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage erklärt: „Es bleibt den Eltern unbenommen (!), einen Gutschein nicht einzulösen bzw. in den ersten acht Schulstufen der Schule mitzuteilen, daß ein brauchbares Schulbuch vorhanden ist und auf die Ausgabe eines verlagsneuen verzichtet wird."

So einfach ist das. In der kinderreichen Familie fällt die große Urlaubsreise flach, werden von den jüngeren Geschwistern die Kleider der älteren nach Möglichkeit ausgetragen, da sind die Kinder im Verzichten schon so trainiert, daß es ihnen nichts ausmacht, mit gebrauchten Büchern neben dem Einzelkind mit verlagsneuen die Schulbank zu drücken.

Verleger und Autoren brauchen um das alljährliche Milliardengeschäft mit Schulbüchern auch künftig nicht bangen. Wir haben's ja! Oder nicht? (Siehe oben!)

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