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Stadt der Kunst

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In den Jahren 1919 bis 1926 lebte Anton Faistauer, der Schöpfer der Fresken des alten Festspielhauses, in Salzburg am Mönchsberg. Durch Vorträge, Aufsätze und Reden propagierte er den Gedanken, Salzburg zu einem Sämmelort großer alter und neuer Kunst zu machen. Was hier präsentiert werden sollte, müsse europäischen Maßstäben entsprechen. Internationale Ausstellungen sollten hier stattfinden, ein Galerieverein und eine Kunstakademie gegründet werden… Während der vergangenen Sommer konnte man sich davon überzeugen, daß vieles von dem, was Faistauer initiierte, in Salzburg verwirklicht wurde. Eines der Kunstzentren Salzburgs ist die« Galerie Welz, in deren Verlag das hier anzuzeigende Buch erschien.

Dr. Paul Becker, seit vielen Jahren in Salzburg ansässig und tätig, bringt für ein solches Werk nicht nur das Werkzeug des gelernten Kunsthistorikers mit, sondern besitzt auch den Kennerblick des Liebhabers und die sichere, wählerische Hand desjenigen, der mit den intimen Schönheiten der Stadt vertraut ist. Er begnügt sich nicht mit der Sammlung und Interpretation der Meisterbilder, auf denen diese einzig schöne Stadt dargestellt ist, sondern versucht, an Sedelmayer geschult, die einzelnen Kunstwerke geistesgeschichtlich zu deuten, ihren Symbolgehalt zu ergründen. Wie nur wenige andere Städte ist Salzburg geeignet, die „Formenmelodie unserer Erde”, wie Claudel einmal schrieb, hörbar werden zu lassen. Der organische Zusammenklang von Natur, Geschichte und Baukunst ist oft gerühmt worden, am einprägsamsten von Hermann Bahr, der sagte, in Salzburg sei Natur ganz ‘Geist geworden, der Geist aber zu Stein.

Die frühesten Stadtansichten aus dem 15. Jahrhundert sind topographisch genau, im Barock entfaltet sich das Gefühl für das „Ganze”. Zwischen diesem und der romantischen Landschaftsmalerei ist keine Kluft. Die Reihe markanter Stadtbilder Salzburgs ist bis zur Gegenwart kaum unterbrochen: vom ältesten Holzschnitt Michael Wolge- muts axis der Schedelschen Weltchronik über die Darstellungen der Bürgerstadt im 15. und 16. Jahrhundert zum Hochbarock, da die „Stadt als Szene” entdeckt wird, über die kolorierten Kupferstiche von Dan- reiter, Naumann und Schneeweiss bis zu den kolorierten Aquatintas von Johann Jakob Strüdt um 1807. Rousseau lehrte seine Zeit die Natur mit neuen Sinnen schauen. Landschaftsbilder als Vision schufen eine ganze Reihe deutscher Maler von Olivier, Klein, Erhard bis Gropius und Zimmermann. Nach dem Realismus und Naturalismus, der in der Darstellung Salzburgs kaum Zeugnisse hinterlassen hat, folgte eine Neuorientierung der Kunst. Einer ihrer Wegbereiter war der eingangs erwähnte Anton Faistauer. Er eröffnet den Reigen bedeutender

Künstler, die wir schon unserer Zeit zurechnen können wie Anton Steinhart, Oskar Kokoschka, Wilhelm Thöny, Max Pfeiffer-Watenphul und andere. Von den Jüngsten seien hervorgehoben: die nervösen Lineamente, Lithos und Radierungen von Rudolf Hradil und Kurt Moldowan, die kühl-konzentrierte, aber trotzdem hintergründige Formkunst Herbert Breitners, Paul Floras „Vampyr über Salzburg”, die zarten Tuschfederzeichnungen des Japaners Joshi Takahashi, Kokoschkas monumentales Stadtbild im „style flamboyant” und, das für den Rezensenten Schönste zum Schluß: Agnes Muthspiels klare und naive Formen in hellen

Farben, vor allem ihr paradiesisches Bild des Mirabellgartens.

Das geschmackvoll ausgestattete, mittelgroße Buch besteht zu etwa gleichen Teilen aus gutausgeführten Bildreproduktionen und aus dem Text des Autors Dr. Paul Becker, der nach dem Buch „Das Bild der Madonna”, „Salzburg, Stadt der Kunst” und einer Monographie über Clemens Holzmeister nun ein neues Werk vorlegt. Wir meinen : sein bestes.

DAS BILD SALZBURGS IN DER KUNST. Von Paul Becker. Verlag Galerie Welz, Salzburg. 120 Seiten. S 180.—.

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