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Gras wuchs zwischen Pflastersteinen

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„In einen traumvergessenen Garten” kam der Besucher Salzburgs der Biedermeierzeit. Diese Zeile aus einem Gedicht Georg Trakts über den Salzburger St. Peters-Friedhof ist auch das Motto für eine kleine Ausstellung in der Salzburger Residenzgalerie.

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„In einen traumvergessenen Garten” kam der Besucher Salzburgs der Biedermeierzeit. Diese Zeile aus einem Gedicht Georg Trakts über den Salzburger St. Peters-Friedhof ist auch das Motto für eine kleine Ausstellung in der Salzburger Residenzgalerie.

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Bis zum Sommer 1993 werden Ansichten aus der Stadt Salzburg gezeigt, die um die Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden sind. Diesen Bildern sind Fotografien gegenübergestellt, die Oskar Anrather und Gert Dietner in jüngster Zeit gemacht haben. Dabei wurde jeweils möglichst der gleiche Blickwinkel gewählt, den auch die Gemälde wiedergeben.

Ein Unterfangen, das natürlich nicht voll aufgeht. Denn die Maler malten nicht fotografisch genau die Realität, sondern ihr inneres Bild der Stadt. Dazu kommt, daß Salzburg längst nicht mehr jener „traumvergessene Garten” der Biedermeierzeit ist. Aus dem lieblichen Weg am von mächtigen Bäumen überschatteten Salzachkai, den der österreichische Biedermeiermaler Johann Fischbach um die Jahrhundertmitte sehr qualitätvoll auf die Leinwand brachte, ist längst eine verkehrsreiche Straße geworden. Noch immer gleich öffnet sich allerdings der Blick vom bei der Regulierung verlegten Salzachufer auf die barocken Türme der Stadt.

Die Bilder und Fotos der mit Texten didaktisch aufbereiteten Schau geben also zahlreiche Möglichkeiten, miteinander ins Gespräch zu kommen.

Das wünscht sich die Museumspä-dagogin der Residenzgalerie, Gabriele Groschner, die die Präsentation aus eigenen Beständen zusammengestellt hat. Der Kontakt wird dabei einerseits mit Salzburgern aller Altersgruppen gesucht, die ihre Stadt auf diese Art neu kennenlernen können. Andererseits soll auch den Salzburg-Gästen eine neue Sichtweise eröffnet werden.

Wo sich heute fast das ganze Jahr hindurch die Besucher drängen, wuchs damals Gras zwischen den Pflastersteinen, die Bevölkerungszahl nahm rapide ab. Nach den Napoleonischen Kriegen waren Macht und Reichtum der Residenzstadt unabhängig regierender Fürsterzbischöfe dahin.

„Ein beglückendes Universum”

Nicht verlorengegangen war jedoch die Schönheit der Stadt. „In Salzburg fand sich alles beisammen”, schrieb der Kunsthistoriker Rupert Feuchtmüller in seinem Beitrag zur Ausstellung „Schönes altes Salzburg”, die

1989 im Dommuseum gezeigt wurde. „Die Kirchen, die malerische alte Bürgerstadt, Relikte einer sagenumwobenen Vergangenheit, der Dom, die sogenannten Katakomben in der Mönchsbergwand, der an die Vergänglichkeit gemahnende Petersfriedhof und darüber die wehrhafte Festung, umgeben von hohen Gebirgsketten, beherrscht vom Untersberg mit seinen geheimnisvollen Höhlen. Dies war ein Bild der Welt, ein kleines Universum, wie man es nirgends so beglückend erleben konnte.” Fast zur gleichen Zeit als Salzburg in eine schwere Krise geraten war, wurde die Stadt daher von reisenden Künstlern entdeckt, von „mit der Seele schauenden” Romantikern zunächst und dann von Topographen, die Stadt und Landschaft genau abbilden wollten. Manche - wie der aus Niederösterreich stammende und lange Zeit in Salzburg ansässige Johann Fischbach

- versuchten beides zu verbinden: Realismus und Idealbild. So vereint sein „Salzburg mit dem Kapuzinerberg”, von dem es mehrere Varianten gibt, die exakte Darstellung der damals noch hölzernen Stadtbrücke mit einem dramatisch überhöhtem Bild der Stadtberge.

Ideale und realistische Sicht

- beides findet sich auch in den Salzburgbildern des in der Stadt geborenen Franz Xaver Mandl. Diese Verbindung macht auch den besonderen Reiz der kleinen Schau aus: Sie lädt dazu ein, Wohlbekanntes auf neue Art zu erleben.

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