6819933-1973_29_11.jpg
Digital In Arbeit

Unsterblicher Hans Moser

Werbung
Werbung
Werbung

Schloß Laxenburg bei Wien, ehemals kaiserlicher Sommersitz, heute Erholungszentrum und Ausflugsziel nicht nur der Wiener, ist nicht allein wegen seines herrlichen Parks und der wunderschönen Spazierwege einen Besuch wert; die alten Anlagen bergen einen österreichischen Schatz, dessen Bedeutung leider in der heimischen Öffentlichkeit viel zuwenig bekannt und noch erkannt ist, der aber in jedem kulturellen Baedeker mit mehreren Sternen ausgezeichnet zu werden verdient und den Filmkenner und Cinephile von nah und fern zu schätzen wissen: das österreichische Filmarchiv.

Sein derzeit schon beträchtlicher Filmbestand wurde seit 1945 buchstäblich aus dem Nichts aufgebaut und geschaffen und zählt heute bereits zu einer Sammlung von großem kulturhistorisch, zeitgeschichtlich und künstlerisch international •anerkanntem Wert; auch wenn dieses Archiv mehr im stillen wirkt, wissenschaftlich, und filmmuseale Geschäftemacher mit sehr zweifelhaften Methoden und anrüchigen Werbeeffekten neidvoll konkurrenzierend, die mangelnde Sachkenntnis vieler Zeitungsschreiber ausnützend, ihm verleumderisch Schattendasein vorwerfen, ist seine Bedeutung für den Fachmann bereits unumstriten, ist es zu einer Institution geworden, die aus dem geistigen und kulturellen Bereich Österreichs nicht mehr fortzudenken ist. Wenn Österreich auch derzeit keinen Film mehr besitzt, so besitzt es im österreichischen Filmarchiv eine Entschuldigung, eine Rechtfertigung und ein Fundament für die Zukunft.

Alljährlich veranstaltet nun das Archiv im Sommer im Schloß Laxenburg — und zwar im alten Schloß — eine Ausstellung, die jeweils einer großen Persönlichkeit des österreichischen Filmschaffens (oder einem

Österreicher, der im Ausland zu Ruhm und Ehre gelangte) gewidmet ist und als glänzender Rechenschaftsbericht seiner Tätigkeit gewertet werden kann; nach der ersten Ausstellung 1970 „75 Jahre Film

— Österreichs Beitrag“ und den folgenden über „Richard Oswald: Wien

— Berlin — Hollywood“ und „G. W. Pabst 1885—1967“ ist die diesjährige, vierte nunmehr einem österreichischen Film- (und Bühnen-) Darsteller gewidmet, der im wahrsten Sinn des Wortes als Volksschauspieler in die Geschichte eingegangen ist und darüber hinaus als Filmkomiker unsterblich wurde: Hans Moser...

Im deutschsprachigen Raum etwas Neues, Unbekanntes über Moser zu sagen ist unmöglich; ihn vorzustellen ist unnötig — und zu seinen Lorbeerkränzen durch eine bewundernde Laudatio ein neues Blatt hinzufügen zu wollen, wäre vermessen; zu bekannt ist dieser Künstler, von dem Herbert Ihering schreibt, „in ihm leben die närrischen Misanthropen der alten Wiener Bühnen wieder auf, er hat etwas von der Kauzigkeit und biteren Melancholie Raimunds, vom galligen Wortwitz und der anspringenden Sprachphantasie Nestroys und von der schauspielerischen Delikatesse Alexander Girardis“.

Wenig bekannt allein ist die Jugend dieses als Sohn eines Bildhauers ungarisch-französischer Abstammung und einer Wienerin im Haus Rechte Wienzeile Nr. 93 geborenen Jean Julier, der von sich erzählte, ,nach dem zweijährigen Besuch der Handelsschule war ich als Lehrling in eine Lederhandlung eingetreten, wo ich die Korrespondenz erledigen mußte und mich mit der Buchführung zu befassen hatte — doch ich fühlte mich sehr unglücklich in dieser Tätigkeit, und so kam mir eben die Idee, Schauspieler zu werden ...“ Doch auch das läßt sich in H. E. Weinschenks „Wir von Bühne und Film“ nachlesen ...

Über Hans Moser gibt es wohl keine Geheimnisse — und, was eben nur dank des technischen Wunders Film möglich ist, seine geniale, einmalige Kunst ist nicht nur den Zeitgenossen vorbehalten, sondern wird bis ■ an das Ende unseres Kulturlebens allen zugänglich sein, dokumentarisch festgehalten in unzähligen Filmrollen; in 137 Filmen soll Hans Moser mitgewirkt haben (wenn Statistiken stimmen) — und in vielen davon kann ihn jeder erleben, der bis zum 30. September an Wochenenden Schloß Laxenburg besucht. Denn nicht nur die Hans-Moser-Ausstellung ist dort an jedem Freitag (14 bis 19 Uhr), Samstag, Sonntag und Feiertag (10 bis 12, 14 bis 19 Uhr) zu besichtigen, sondern eine ganze Anzahl berühmter und beliebter Moser-Filme kann man auch aus diesem Anlaß (um 14.30 und 16.30 Uhr) wieder sehen ... Schloß Laxenburg ist also mehr als ein Erholungszentrum, ein Ausflugsziel an schönen Sommertagen: es ist ein einmaliges Museum, in dem große Vergangenheit in der Gegenwart für unsere Zukunft lebendig erhalten wird.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung