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Verkündigung, Liturgie, Diakonie Gemeinsame Basis: die Liebe
Es war ein spröde klingendes Thema, mit dem sich die letzte österreichische Pastoraltagung auseinanderzusetzen hatte: „Diakonie der Gemeinde“. Und doch ging es dabei um das Entscheidende des Christentums, um das Fundament jeder christlichen Existenz, um die Liebe. „Niemand kann Christ sein ohne die tätige Liebe“, formulierte die Linzer Diözesan-synode vor ein paar Jahren, nicht umsonst zitierte das österreichische Pa-storalinstitut diesen schlichten Satz in der Einladung zur Pastoral tagung (übrigens der 40., seit Prälat Rudolf diese Kommunikationsplattform von Priestern und engagierten Laien als „Weihnachts-Seelsorgertagung“ ins Leben gerufen hatte).
Die tätige Liebe, auch unter der lateinischen Bezeichnung Caritas geläufig, darf keine fromme Extraübung von ein paar Idealisten am Rande der Pfarrgemeinde sein, sie darf auch nicht mit dem Ausfüllen eines mehr oder weniger großzügigen Erlagscheins, für die institutionalisierte Caritas abgetan werden. Darüber waren sich alle Referenten bei der Pastoraltagung einig. Der Sankt Pöltner Weihbischof Stöger und Österreichs Caritas-Präsident Prälat Ungar betonten unisono, daß die tätige Liebe das Fundament der Kirche sei. Weihbischof Stöger: „Alles gründet auf der Diakonie, alles mündet in die Diakonie“. Und Prälat Ungar ergänzte, die drei Grundfunktionen der Kirche, Verkündigung des Evangeliums, Liturgie und Diakonie hätten als gemeinsame Basis die Liebe. Diese mache vor nichts und niemandem halt, sie umfasse die „Nächsten ebenso wie die Fernsten“.
Eine Kirche und eine Pfarrgemeinde, deren Fundament die tätige Liebe ist, bedeutet aber deswegen noch lange kein zu bloßer unverbindlicher Mitmenschlichkeit und allgemeiner Humanität verniedlichtes Christentum, das wurde bei der Pastoraltagung sehr deutlich herausgearbeitet, etwa von dem Laibacher Theologen Prälat Aloiz Sustar. Recht verstanden, lassen sich die Gottesliebe und die Nächstenliebe nicht gegeneinander ausspielen, bilden Verkündigung des Evangeliums, die gottesdienstliche Feier und die Umsetzung der Christus-Botschaft in die Politik der kleinen Schritte des Alltags durch die tätige Liebe eine untrennbare Einheit.
Uber das Wie dieser Umsetzung wurde bei der Pastoraltagung im Wiener Bildungshaus Lainz (die von Teü-nehmern aus dem ganzen mitteleuropäischen Raum beschickt war) viel gesprochen. Prälat Ungar erinnerte daran, daß gerade im Hinblick auf die Dritte Welt Geben nie zum Beherrschenwollen werden darf. Der Caritas-Chef rüttelte auch an immer noch allzu vertrauten Begriffen wie etwa dem des „Betreuens“: „Betreuung ist gefährlich, denn Betreut-werden ist eigentlich eine Demütigung. Deshalb muß Caritas immer Hüfe zur Selbsthilfe sein“.
In eine ähnliche Kerbe schlug der Frankfurter Theologe Prof. Dr. Rudolf Pesch: Nicht um Betreuung von Kranken gehe es, sondern darum, daß die Kranken so selbstverständlich in die christliche Gemeinde und ihr Leben einbezogen werden, daß sie leben können, als wären sie nicht krank. Der Wunsch nach mehr Selbstverständlichkeit, mehr Unaufdringlichkeit der tätigen Liebe christlicher Gemeinden zog sich wie ein roter Faden durch viele Stellungnahmen und Gespräche.
In einer von Erfolgs- und Leistungszwang geprägten Welt, die unbarmherzig alles beiseiteschiebt, was in dieses Schema nicht hineinpaßt (ob es Alte, Kranke, Kinder oder Behinderte sind), hat die tätige Liebe der Christen größere Aufgaben denn je, das ist eines der weiterwirkenden Ergebnisse dieser Pastoraltagung. Und deutlich kam bei diesem mehrtägigen Gespräch über „Nächsten- und Fernstenliebe“ auch zum Ausdruck, wie sehr vom Evangelium her vieles an einer auf Gewalt in vielfältiger Form aufgebauten Welk, Gesellschafts- und Lebensordnung in Frage zu stellen ist. In dieser zunehmend umdüsterten Welt müssen die Christen durch tätige Liebe, die auf den ganzen Menschen abzielt, das Evangelium als „menschenfreundlich und glaubwürdig“ erweisen.
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