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Vorzeitiger Fasching

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Abermals ein schwaches Stück im Theater in der Josefstadt und gar von Molndr: die Komödie „Spiel der Herzen“. Sie wurde im Nachlaß gefunden, man hat den Eindruck, Molnär suchte restlich verbliebene Schnipsel an Einfällen zusammen. Erster Schnipsel: Stefan, sehr reich, darf sich wegen seines Herzens nicht aufregen, doch ist der für dieses Herz zuständige Internist zugleich — Wunschvorstellung — Seelenarzt und spielt als Therapeut bei ihm gleich Schicksal. Zweiter Schnipsel: Stefan kommt von seiner geschiedenen ,,aufregenden“ Frau innerlich nicht los, denkt aber daran, eine attraktive Krankenschwester zu heiraten. Dritter Schnipsel: Eine Mutter mit zwei erwachsenen Kindern von zwei Vätern, deren einer Stefan ist, war mit einem Dritten verheiratet. Das alles hat Molnär sozusagen mit Zwirnsfaden zusammengebunden, es wurde nichts draus. Der Stückweisheit Schluß: Die aufregende Frau erwies sich nun, nach zwölf Jahren, als gar nicht mehr aufregend.

Man denke.

Peter Loos, der Regisseur, hat als Bearbeiter der Komödie auch noch allerlei daran herumgeschnipselt. Flottes Spiel mit Leopold Rudolf als Stefan in Seelennöten, Fritz Muliar als sympathischem Arzt — in der „Josefstadt“ nimmt man wohl an, das genüge für die Publikumswir-kung —, mit Marion Dealer als Krankenschwester, mit Grete Zimmer als Mutter der beiden Kinder. Im klinischen Bereich stimmen die Bühnenbilder von Inge Fiedler, eine Wohn-halle spricht wenig an.

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In der „kleinen Josefstadt“ im Konzerthaus bietet ein „Karl-Valentin-Abend“ reichlich Anlaß zum Lachen. Stücke dieses Volkskomikers nun, mehr als zwanzig Jahre nach seinem Tod, aufzuführen wurde zu einem Trend der Bühnen seit man entdeckte, daß sie auch ohne ihn als Darsteller gespielt werden können. Die erste der beiden zur Wiedergabe gelangenden Szenen beeindruckt stärker: „Der Theaterbesuch“. Ein älterer Mann, Typus Hausmeister, ist empört, als ihm seine Frau Theaterkarten bringt, die man ihnen schenkte, dennoch treffen sie Anstalten hinzugehen, bis sie entdecken, daß die Karten für den nächsten Tag gelten. Was sich da begibt, ist eine nicht abreißende Folge von abstrus Doppeldeutigem, von Unsinnigkeiten mit scheinbarem Sinn, von komischen Wertverschiebungen, witzig wirkenden Verwechslungen, Objekttücken, so daß der Eindruck entsteht, die uns gewohnte Realität der Dinge, die Bedeutung der Worte sei ins Wanken geraten. Oder wie dies Franz Blei ausdrückte: Valentin habe den Tiefsinn des Blödsinns entdeckt. Da hiefür Alfred Böhm seine behäbige Komik des ständigen Ungehaltenseins, Elf riede Ott ihre drollige Schusseligkeit einsetzen, kommt allerdings nicht die intellektuelle Schärfe clownesker Witzigkeit heraus, die in diesen Szenen steckt, alles verharrt im wienerisch Gemütlichen. Auch unser Lachen.

„Tingeltangel oder Das komische Orchester“ wurde im vergangenen Sommer unter dem Titel „Theater in der Vorstadt“ In Salzburg als Straßentheater aufgeführt und in der „Furche“ ausführlich besprochen. Die nunmehrige Wiedergabe unterscheidet sich von der damaligen nur geringfügig. Helly Servi ist diesmal die Sängerin, sie überrascht durch gute Stimme. Alfred Böhm führte in beiden Stücken Regie, Monika Stadler zeichnet für die schlichten Bühnenbilder.

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Der 44jährige Italiener Mario Fratti hat 38 Bühnenwerke geschrieben, von denen viele in Europa, in Nord- und Südamerika, in Australien und Japan gespielt wurden. Sein Stück „Das Opfer“, ein Thriller, ist derzeit in der „Tribüne“ zu sehen. Ein Unbekannter macht sich eine Frau durch Drohungen zu willen, wobei sich herausstellt, daß es ein Irrer ist, der im Auftrag des eifersüchtigen Gatten, des Irrenarztes, ihr als Probe eine Falle zu stellen hatte. Bis zum Schluß wissen wir nie recht, wie es sich mit den Gestalten psychologisch wirklich verhält, das ergibt Spannung. Geflnkelte Technik. Regisseur Jürgen Wilke bietet mit Katharina Kutschera, Hans Henning Heers und Helmut Hron eine vorzügliche Wiedergabe. Das Bühnenbild von Wolfgang Müller-Krabach, ein Wohnraum, gemahnt an Konfektion.

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