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Wer ist der Täter?

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Jetzt ist mir das vor ein paar Tagen zum gezählten fünften Mal passiert. Ich war ganz schön down, um das einmal in jener Sprache zu sagen, die in solchen Augenblicken naheliegt.

Ich habe nämlich vor.kurzem den fünften Fernsehkrimi nicht verstanden und habe einfach nicht kapiert, was da womit und warum zusammenhing. Dabei schau ich mir Fernsehkrimis sehr gerne an. Mord, Totschlag, Raub und Verwüstung werden da so schön unverbindlich ins Haus geliefert, und nach fünfzig oder siebzig Minuten werden die Übeltäter und -täterinnen wunderbar ausfindig, dingfest und für die nächste Zukunft unschädlich gemacht, das Recht siegt, und dieser Umstand läßt einen geradezu hoffnungsfroh werden.

Ja, und ich bin es gewohnt, am Anfang der Filmchen ein wenig im Düstern zu tappen. Es macht mir nichts aus, wenn mir das Zusammenspiel des beabsichtigten Autounfalls um zwanzig Uhr achtzehn nicht ganz klar ist. Das muß so sein, dramaturgisch ist es bedingt, wo kämen Autor und Regisseur hin, wenn lineare Handlungen deutlich sichtbar einen roten Faden von Anfang an erkennen ließen.

Um dreiviertel neun spätestens merkt man dann ohnehin, daß der düster blickende Chauffeur vom Beginn in Wirklichkeit Leiter einer Porzellanmanufaktur im Bayrischen Wald ist, wo seine blonde Tochter allzugern mit dem rauschgiftsüchtigen Halbbruder ein Pantscherl begonnen hätte.

Ich kann mir zu diesem Zeitpunkt meistens auch schon denken, was der Kommissar denkt, nämlich, daß der Hauptverdächtige von zwanzig Uhr vierzig tatsächlich der Mörder ist, weil nämlich die Faustregel, daß die Zuschauer glauben sollen, die Harmlosesten seien die Täter, das aber bereits wissen und daher den Verdächtigsten allein deshalb nicht mehr für den Mörder halten, eben wegen ihres Bekannt-heitsgrades nicht mehr gilt.

Na ja, um aber zu solchen Schlüssen zu gelangen, muß doch wenigstens spätestens gegen neun ein bisserl Licht ins Dunkel der Motive und Handlungen leuchten. Nichts davon jetzt schon zum runden fünften Mal. Bin ich verkalkt?

Wahrscheinlich habe ich ein wesentliches Detail übersehen. Denn ich kann mir nicht vorstellen, daß auch andere so orientierungslos sind wie ich. Noch bin ich im Zweifel, was ich tun werde. Soll ich wie bisher die Flinte der Logik um dreiviertel rjeun in das Korn werfen und mich, von jeglichen Spekulationen losgelöst, hemmungslos dem Action-Genuß waghalsiger Autojagden und Dachkämpfe hingeben? Soll ich mir einen Videorecorder kaufen und mir die Kriminalfilme so oft vorspielen, bis ich sie verstanden habe?

Oder soll ich, boshaft und heimtückisch, selber einen schreiben?

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