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Wie bei der Bundeswehr

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Zwölf Tage standen die Sportler im Vordergrund, einige Tausend junge Männer in grau-grünen Uniformen aber im nicht zu übersehenden Hintergrund. Am Ende hat sich das Konto der vom Bundesheer geleisteten- Olympia-Arbeitsstunden auf knapp eine Million belaufen. Und das, obwohl das Wehrgesetz weder Pistentreten noch Schneeschaufeln als Aufgabe des Heeres anführt.

Dennoch besteht darüber, daß auch die zweiten Winterspiele in Innsbruck nicht ohne den Einsatz des Bundesheeres durchführbar waren, Einhelligkeit. Das kann dem nicht immer glanzvollem Image des Heeres keineswegs schaden. Dazu kommt noch die Gratiswerbung des Medi-

ums Fernsehen. Doch das Bundesheer kann mit dieser stillen Werbekampagne nicht viel anfangen. In erster Linie könnte sein Olympia-Image zur Nachwuchswerbung dienen. Doch das Heer kann an einer solchen Werbung momentan gar nicht interessiert sein, denn es kann etwaigen Bewerbern keine Garantie auf Anstellung geben. Der Dienstpostenplan des Verteidigungsministeriums, jahrelang das Sorgenkind der Generale — da nie voll besetzt — droht nun zu platzen. Wegen der Wirtschaftslage schätzen viele wieder die Sicherheit einer Staatsstellung.

Um so verwunderlicher, daß das Bundesheer noch vor wenigen Wochen eine umfangreiche Personalwerbekampagne in Fersehen und Zeitungen gestartet hat. Geschätzte Kosten: knapp fünf Millionen. Kritiker im Heer meinen, daß, wie so oft im Verteidigungsressort, die linke Hand nichts von der rechten wußte. Die professionellen Imagepolierer verweisen allerdings darauf, daß vor allem junge Leute angeworben werden sollten, die vorerst nur für eine bestimmte Zeit beim Heer bleiben wollen. So hat Armeekommandant Spannocchi verfügt, daß nur der die sichere Position eines zeitverpflichteten Soldaten mit späterem Anspruch auf eine Anstellung als Staatsbeamter erklimmen kann, der sich freiwillig für einen verlängerten Grundwehrdienst von drei Jahren meldet.

Das hat für das Bundesheer zwei Vorteile. Erstens belasten diese längerdienenden Grundwehrsoldaten nicht den Dienstpostenplan und zweitens hat man drei Jahre Zeit, den Mann genau zu testen. Ähnlich will man auch mit den zeitverpflichteten Soldaten verfahren. Künftig wird man erst nach neun Jahren

Dienstzeit in ein definitives Beamtenverhältnis übernommen. Bis jetzt ging das meist schon nach drei Jahren. Hauptziel des Armeekommandanten ist, den Kader zu verjüngen und den Zwängen des starren Postenplans zu entgehen. Schon jetzt liegt das Durchschnittsalter des „Rückgrats der Armee“ — wie die Unteroffiziere nicht zu unrecht genannt werden — bei knapp 35 Jahren.

Ein Alter, in dem man vom körperlich anspruchsvollen Ausbildnerdienst in die Schreibstube wechseln sollte. So sind denn auch die Schreibstuben im Heer überfüllt, während die Ausbildnerplätze noch immer nicht voll sind. Etwas spät, aber

doch, ist der kurzdienende Zeitsoldat das Hauptziel des Bundesheeres geworden. Damit wird nur nachvollzogen, was von der Bundeswehr seit Jahren vorexerziert wird.

Die westdeutsche Armee hat sich deshalb auf diesen Typ konzentriert, weil die Bereiche, in denen körperliche und geistige Höchstleistungen erbracht werden müssen, immer größer werden und daher dem Soldaten zwangsweise nur eine kurze Dienstzeit erlauben. Also etwa als Düsenjägerpilot oder als Luft-raumüberwacher am Radarschirm.

Solche Leute haben, da hochqualifiziert, beim Übergang ins zivile Berufsleben kaum Probleme, einen neuen Job zu finden. Auch wird ihnen der Abgang aus der Armee mit einer Abfindung schmackhaft gemacht. So erhält die Alterspyramide wieder ein vernünftiges Aussehen, denn nicht jeder Leutnant kann General werden. Fast jeder Bundeswehrunteroffizier erhält neben der militärischen Ausbildung auch eine Schulung, die einer zivilen Berufsausbildung vergleichbar ist. Um Vorurteile der Öffentlichkeit gar nicht aufkommen zu lassen, macht man die Ausbildung zum Teil an zivilen Schulen und legt auch dort die Prüfung ab. Das schwebt nun auch den Verantwortlichen im Bundesheer vor. Wer sich freiwillig auf drei Jahre verpflichtet, kann sich im dritten Jahr in einem Beruf ausbilden oder in einem bereits erlernten Beruf weiterschulen lassen. Wer sich auf länger verpflichtet, etwa auf sechs Jahre, kann ein Drittel dieser Dienstzeit für Berufsausbildung verwenden.

Doch darauf war die Werbekampagne des Heeres leider nicht zugeschnitten. Hat man also doch Angst, in der Soldatenwerbung neue Wege zu gehen?

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