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Wiedersehen mit 6 Personen

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Zuletzt wurde Pirandellos Stück „Sechs Personen suchen einen Autor“ vor zehn Jahren unter der Regie von Ernst Haeusserman im Theater in der Josefstadt gegeben. Nun sieht man es da wieder unter dem selben Regisseur. Und wieder verwendet Haeusserman die Bearbeitung von Max Reinhardt, der diese im Schauspieler- und Theatermilieu spielenden Szenen weitgehend umgeschrieben hat.

Es ergibt sich der Eindruck, als wirke das Stück noch heiterer als damals. Das betrifft nicht nur den Kulissenklamauk am Anfang, ehe fast gespensterhaft die von einem Autor er-sonnenen, aber dann fallengelassenen sechs Personen erscheinen, die vom Theater ihr tragisches Schicksal zu Ende geführt haben wollen. Daß sie unvermittelt eine Probe unterbrechen und der regieführende Direktor nach einigem aufgeregten Widerstreben tatsächlich versucht, ihr Schicksal weiterzutreiben, indem er ihre Rollen weiterführt, ja, sie ihnen vorspielt, von den Schauspielern darstellen läßt, was den Vorstellungen einer dieser Personen, des Vaters, aber nicht entspricht, aus alledem erstehen zusätzlich immer wieder komische Wirkungen.

Sie bilden eine Kontraposition zu der das Stück beherrschenden, in allen Szenen spürbaren tiefer greifenden Frage, was denn nun eigentlich Wirklichkeit sei: Diese erfundenen Gestalten oder die leibhaftigen Schauspieler. Wirklich ist nach Meister Eckhart, was wirkt. Danach aber sind die

immer wieder wirkenden Gestalten der Dichter wirklicher als Millionen Menschen, von denen dann niemand mehr etwas weiß, daher betont der Sprecher der sechs Personen, der Vater, mit Recht, sie seien wirklicher als der Regisseur, sie seien zeitlos, ständige Gegenwart. Die weitere Frage nach der Identität ergibt sich. Der Vater fragt den Direktor: „Können Sie mir sagen, wer Sie sind?“ Aber wer kann das schon von sich sagen! Das Ungesicherte unserer Erkenntnis wird manifest.

Die Aufführung kommt durch die in tragische Bereiche führenden Begebnisse um die sechs Personen, wie durch das vielfältige Komische in der Begegnung mit den Schauspielern zu guter Wirkung. Otto Schenk ist ein impulsiver, seine immer wieder aufkommende Ratlosigkeit durch doppelten Einsatz aufgeregt verdrängender Regisseur. Eine sehenswerte Leistung. Mehrere Darsteller spielen die gleichen Rollen wie vor zehn Jahren. So Leopold Rudolf als zutiefst bedrückter Vater, so Vilma Degischer als verhärmte, verzweifelte Mutter. Neu sind Kitty Speiser als ebenso wendige wie vehement aufbegehrende Stieftochter des Vaters, wie auch Harald Harth als Sohn, Kurt Heintel als erster Schauspieler, Ursula Schult als erste Schauspielerin, Grete Zimmer als Madame Pace und einzelne andere. Bühnenbild: nackte Bühne.

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