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Wünsche für das Jahr der Bibel
Ein Jahr für etwas auszurufen bringt manches in die Medien, muß aber der Sache, die angesprochen wird, deshalb noch nicht dienen. Das Jahr der Bibel wird das meistverbreitete Buch der Welt neuerlich propagieren, allein, das wäre zu wenig. Viel aber wäre, endlich zu beherzigen, was das Konzil in der Offenbarungskonstitution über die Bibel bahnbrechend ausgesagt hat.
Die Bibel ist nicht nur das Wort über Gott. Sie ist die liebende Selbstmitteilung Gottes an uns. In ihr „redet der unsichtbare Gott aus Liebe die Menschen an wie Freunde, um sie in seine Gemeinschaft einzuladen". Ein Jahr also, das über die Bibel hinführt zum persönlichen Gespräch mit Gott?
Die Bibel ist „höchste Richtschnur" unseres Glaubens. Für den einzelnen ist sie „unversieg-licher Quell des geistlichen Lebens", für die Theologie aber „Fundament", „Seele" und „ent-
scheidende Inspiration". Also nicht der Glaubenssatz steht voran, der dann mit Bibelstellen erhärtet wird, sondern zuerst ist die Bibel zu befragen, dann kann die Glaubenslehre entfaltet werden. Ein Jahr, das Theologen noch mehr zum Fundament des Glaubens hinführt?
Das Lehramt hat die Bibel verbindlich zu erklären. Doch steht das Lehramt „nicht über dem Wort Gottes, sondern dient ihm", kann seine Aufgabe nur erfüllen, wenn es selbst voll Ehrfurcht auf das Wort hört und es heilig bewahrt. Die Aufgabe der Exegeten aber ist, jene wissenschaftliche Vorarbeit zu leisten, aufgrund derer das Urteil der Kirche reifen kann. Ein Jahr also, in dem Vertreter der Wissenschaft und des Lehramtes ihr Tun in betonter Gemeinsamkeit unter das Wort Gottes stellen?
Predigt, Katechese und jede Form der Unterweisung „holt aus dem Wort der Schrift gesunde Nahrung und heilige Kraft'. Ein Jahr der Erneuerung und Vertiefung von
Predigtdienst und Religionsunterricht von der Bibel her?
Wenn die Bibel Richtschnur unseres Glaubens ist, der aber in Werken tätig werden soll, dann wird der ernsthafte Umgang mit der Bibel auch zur Prüfung unseres Wirkens in der Welt. Wenn selbst NichtChristen Stellen aus der Bibel zu Parolen ihres Handelns machen, um wieviel mehr verpflichtet uns Christen dann die Schrift? Wie sehr wird dieses Jahr durch die Kraft des Bibelwortes uns selbst verändern und durch uns Kirche und Welt?
Das Jahr der Bibel wird ganz bewußt ökumenisch begangen. Auch Anlaß für uns Katholiken, den anderen Christen zu danken, die uns wieder die größere Wertschätzung der Bibel lehrten.Wenn aber alle Christen in diesem gemeinsam verantworteten Jahr ihre Treue zum Evangelium neu überprüften: Kämen wir dann einander nicht von dort her noch viel näher?
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