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Zürcher Gemetzeltes
Jugenddemonstrationen in Zürich, zerschlagene Schaufenster in der Bahnhofstraße, Jugendunruhen in Bern, in Basel, in Lausanne. Kathrin, die 21 jährige Sekretärin der Poch-Gruppe - einer ziemlich links stehenden politischen Gruppierung - sagt:
„In Zürich, da geht es nur um Fragen der Geldanlage und der Karriere. Wir Jungen sollen uns nur gut anpassen. Aber ich möchte den Menschen auch anders begegnen, nicht nur auf dieser materialistischen Ebene. Uns bleiben nur Aggression oder Isolierung. Da ist es dann auch kein Wunder, wenn so viele junge Leute zu Drogen greifen.“
In der Tat ist die Drogenszene in der Schweiz sehr arg. Ein evangelischer Pfarrer aus Zürich, der eine Gruppe jugendlicher Drogensüchtiger betreut, erzählt, daß die Jugendlichen, wenn man mit ihnen diskutiert, stets auf ihrem „Recht“ zu haschen bestehen und dabei stets auf den enormen Alkoholgenuß der Erwachsenen hinweisen.
Die Eltern meinen, sie hätten ihren Kindern alles geboten, was sie sich nur wünschten. Eben das aber halten die Jungen der älteren Generation in einem Flugblatt: „Unsere Jugend, unsere Zukunft“ vor:
„Worin akzeptiert Ihr denn schon die Jugend: Als Käufer schicker Mode, von Töffs und Hobby-Artikeln, von Schallplatten und Unterhaltungselektronik, als Konsumenten von Sport-, Show- und Werbegeschäften ...“
Georg Meisbach, ein junger Katholik aus Basel, der sich mit seiner Frau einer Jugendgruppe annimmt, meint,
man habe dieser Jugend alles auf dem Servierbrett gereicht, jede Schwierigkeit aus dem Weg geräumt. Sie habe es einfach satt, überfüttert zu werden. Der Wohlstand habe keine sinnvollen Ideale gezeigt:
„Wir haben keinen Krieg gehabt, wir haben eine blühende Wirtschaft, keine Arbeitslosigkeit. Dafür aber hören die Jungen nur von destruktiven Zukunftsaussichten Tür ihre gesamte Umwelt, wie krankheitsfördernder Chemie, verpesteter Luft bis zur Energieknappheit. Niemand zeigt ihnen einen Ausweg.“ An einem neuen autonomen Jugendzentrum, das die Jungen allein verwalten wollen, hat sich der Funke entzündet. Der Schweizer Bürger ist durch diese Unruhe in der Jugend zutiefst erschrocken. Daher ist nicht nur Stadtrat Hans Frick überzeugt, daß nur mit großer Strenge und vollem Polizei-Einsatz dieser „Revolution“ begegnet werden kann, die seiner Meinung nach überhaupt von außen gesteuert wird.
Georg Meisbach sieht es anders. Er meint, daß die Heranwachsenden zu Hause mehr Zuwendung in der Familie erfahren sollten, statt ununterbrochen mit neuen Konsumartikeln überschüttet zu werden. Sie brauchen Aufgaben. In diesem Jugendzentrum sollten sie die Möglichkeit haben, Ihre Ideen zu verwirklichen:
„Abgesehen davon, müßten wir Älteren einfach mehr Zeit für sie haben, mit ihnen sprechen, uns mit ihnen auf gleicher Ebene auseinandersetzen.“
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