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Das Haus in Rodaun

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Die Straße hat mehrmals den Namen gewechselt: als Hofmannsthal im Sommer 1901 in das schöne Haus aus der Zeit Maria Theresias, das man auch als ein kleines Palais bezeichnen kann, einzog, hieß sie Badgasse, dann Stelzergasse, jetzt nennt man sie Ketzergasse. Dieses Haus war nicht, wie man gelegentlich hörte und lesen konnte, Hofmannsthals Eigentum, sondern er hatte nur einen langfristigen Mietvertrag, bis 1937, und besaß seit 1921 das Vorkaufsrecht, von dem er jedoch keinen Gebrauch machte. Hier, 20 Bahnminuten von Wien entfernt, in einer damals noch mehr ländlichen als städtischen Umgebung, lebte Hofmannsthal mit seiner Familie, seiner Frau und drei Kindern, bis zu seinem Tod am 15. Juli 1929. (Im nächsten Jahr wird man seines 40. Todestages gedenken.)

Und hier empfing er. wie es die Photokopie des von Dr. Peter Czedik verwahrten Gästebuches ausweist, seine Freunde R. A. Schröder, Robert Michel, die Schwestern Wiesenthal, Carl J. Burckhart, Prof. Walter Brecht, Jakob Wassermann, Richard Billinger, Max Mell und Rudolf Kassner sowie die jüngeren Rudolf Borchardt, Felix Braun und andere und — natürlich immer wieder zu Arbeitsbesprechungen — seinen Hauskomponisten Richard Strauss. Diese logierten dann in Hofmannsthals Arbeitszimmer im 1. Stock oder wurden nebenan im Gasthof Stelzer untergebracht.

Das Haus gehörte und gehört den Erben jener Familie, von der Hofmannsthal es gemietet hatte. Wiederholt wurden unsere Kulturbehörden, und zwar sowohl das Unterrichtsministerium wie das Kulturamt der Stadt Wien, aufgefordert, das Haus zu erwerben und zu einem Hofmannsthalmuseum zu gestalten. Es hieß immer, die Besitzverhält- nisse seien schwierig — und im übrigen sei kein Geld da.

Glücklicherweise sind die jetzigen Besitzer kultiviert, kunstverständig und pietätvoll. Sie haben Ihr Mögliches getan und die Innenräume nicht nur musterhaft instand gehalten, sondern auch neue Parkettböden legen lassen. Hierfür wurde eine Summe investiert, die einem Hauseigentümer — der zudem nicht in dem Haus wohnt, sondern sich mit einem kleineren, vis-a-vis, begnügt — nicht zugemutet werden kann, zumal, er fürvjer heranwachsende Kinder zu sorgen hat.

Nun wäre der Zeitpunkt gekommen, einzugreifen, mitzuhelfen an der Erhaltung des Hauses: für Staat und Stadt. Während der Frankfurter Tagung der neugegründeten Hof- mannisthal-Gesellschaft wurde darüber gesprochen. Anderswo wäre die Erhaltung einer überdies auch schönen Kultungedenkstätte eine Selbstverständlichkeit. Mit dem Betrag, den die Oper während eines Tages verschlingt, wäre geholfen. Daran sollte es doch nicht fehlen! Wir appellieren an den Herrn Bundesminister für Unterricht und an die Frau Stadtrat für Kultur und Volksbildung der Gemeinde Wien.

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