Pepe der Frosch - Der Cartoonfrosch Pepe ist eine rechte Ikone. Das Meme fungiert als modernes Aushängeschild für den Kampf der scheinbaren Gegensätze Sicherheit und Freiheit. Wie viel Gequake von Pepe und seinen Anhängern muss ausgehalten werden? - © Illustration: „Pepe The Frog“ by Matt Furie  (Screenshot: Imgur.com)

Die Freiheit der Frösche

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Die Ungewissheit der modernen Welt lässt manche auf eine Zeitmaschine in die Vergangenheit hoffen. Ein Frosch dient der neuen Rechten dabei als Sprachrohr. Ein Essay.

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Die Ungewissheit der modernen Welt lässt manche auf eine Zeitmaschine in die Vergangenheit hoffen. Ein Frosch dient der neuen Rechten dabei als Sprachrohr. Ein Essay.

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Ein sattgrün ausgemaltes Cartoongesicht, die hervortretenden Augen zu hämischen Schlitzen verengt, mal in Donald Trumps Perücke, mal als Hitler, mal als ganz unpolitischer Emo: Das ist Pepe der Frosch. Pepe hatte ein bewegtes Leben, schon bevor er mehr oder weniger freiwillig zu einer Ikone der Neuen Rechten aufstieg. Mitte der 2000er von einem Comiczeichner online gestellt, war Pepes wichtigste Aussage, während er gezeichneterweise mit heruntergelassenen Hosen ins Internet pinkelte: „Feels good man“. Diese anheimelnde Wurschtigkeit bewog über die Jahre zahllose User dazu, Pepe in allen möglichen Lebenssituationen darzustellen. Er blieb dabei witzig und harmlos. Ein Freizeit-Frosch, sozusagen. Während Donald Trump seine Präsidentschaftskandidatur vorbereitete, entdeckte Pepe seine politische Seite: Hässliches kam zutage, Pepe mit Maschinengewehr, Rassistenpepe, White-Supremacy-Pepe. Pepe war gekapert worden. Er war nun ein widerwärtiger Frosch, ein Frosch des dunkelbraunen Untergrundes. Es gab von dort für Pepe kein Entkommen: Er war und blieb das Grün der Hoffnung für die dunkle Seite. Von nun an galt die Freiheit der Frösche.

Es war in Alpbach von Freiheit die Rede und von Sicherheit. Das eine werde durch das andere bedroht, ein Kompromiss liege im Vagen, er müsse, wenn dann, im je Einzelnen ausgehandelt werden. Prinzipiell zufriedenstellen könne er nicht. Ist aber Freiheit und Sicherheit ein natürliches Gegensatzpaar? Steckt nicht der Widerspruch in den Polen selbst, sodass man eigentlich Freiheit und zu viel oder zu wenig Freiheit, dementsprechend Sicherheit und zu viel oder zu wenig davon, als Gegensätze denken muss?

Perversion ins fratzenhafte Gegenteil

Was zum Beispiel ist eine Freiheit, die ausschließlich darin besteht, die Freiheit der anderen einzuschränken? Anmaßung wäre wohl das Wort – oder Willkür. Kann es Freiheit geben, die von Gegenständen ausgeht wie die viel besprochene Freiheit des Marktes? Kann ein Auto freier sein als ein Fußgänger in seinen Bewegungen? Oder steckt hinter der Freiheit der Dinge und Konzerne letztlich doch immer eine Ansammlung von Menschen, die sich hinter der dinglich gedeckten Freiheit verschanzen?

Und was ist absolute Sicherheit, wenn nicht eine seltsame Fantasie? Ist sie nicht noch schwerer vorzustellen als absolute Freiheit? Man denkt Anarchie, man denkt „Thelma & Louise“, Rock ’n’ Roll, die windumbrauste Einsamkeit auf Bergeshöhen – wie aber sieht vollkommene Sicherheit aus, als Bild? Ein Kokon, der Mutterleib, ein Haus mit gepolsterten Türen? Mir fehlen die Bilder dafür, man kann sie in dieser Welt nicht einmal denken. In einer Zeit, die nur das absolute Risiko, die vollumfängliche Flexibilität, die Unverbundenheit schlechthin gelten lässt, kann ein Denken an Sicherheit nur in eine Groteske ausarten: Polizisten, die auf Straßen patrouillieren, auf denen sich ohnehin keine Kriminellen befunden hätten, Überwachungskameras ohne überwachenswerte Vorfälle, eine Welt ohne das Antlitz des anderen, den man mitsamt dem lästigen Hinweis auf unsere Versäumnisse, die er sprichwörtlich verkörpert, in Rückreiselagern zur gnädigen Entfernung seiner selbst aus unserem Blickfeld anhält.

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