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Die Retusche

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Schon in der Vorwahlzeit gab es ein striktes SPÖ-Nein zur Steuersenkung. Der Grund für diese mutige Offenheit war die Tatsache, daß die ÖVP damals nicht aufhörte, unliebsame Fragen zu stellen, um herauszufinden, wie denn die zahlreichen SPÖ-Programme realisiert werden sollen. Die SPÖ legte schließlich das Finanzierungsproblem vor, und jedermann hätte sich bereits im Herbst 1969 davon überzeugen können, daß Steuererleichterungen nicht vorgesehen sind.

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Schon in der Vorwahlzeit gab es ein striktes SPÖ-Nein zur Steuersenkung. Der Grund für diese mutige Offenheit war die Tatsache, daß die ÖVP damals nicht aufhörte, unliebsame Fragen zu stellen, um herauszufinden, wie denn die zahlreichen SPÖ-Programme realisiert werden sollen. Die SPÖ legte schließlich das Finanzierungsproblem vor, und jedermann hätte sich bereits im Herbst 1969 davon überzeugen können, daß Steuererleichterungen nicht vorgesehen sind.

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Während der Koalitionsverhandlungen sah die Lage anders aus. Aus der mutigen, staatsbewußten SPÖ wurde innerhalb weniger Wochen wieder eine Partei, die dem Steuerzahler lieber etwas bietet als selbst Forderungen stellt. Deshalb ging der Slavik-Vorschlag sogar dahin, nicht erst am 1. Jänner 1971, sondern sogar schon ab 1. Juli 1970 eine Steuerkorrektur vorzunehmen. Finanzminister Androsch winkte ab. Nun legte er seinen Entwurf zur Einkommenssteuergesetz-Novelle vor. Sie bringt, wie das aus der Vorgeschichte logisch erklärbar ist, dem Einzelbürger praktisch wenig Vorteile. Sie kostet den Staat trotzdem zwei Milliarden Schilling im Jahr, denn sie gibt den kleinen und mittleren Einkommen einen kleinen Steuernachlaß, und da diese Einkommensgruppen zahlenmäßig groß sind,summieren sich die Beträge. Der Ausgleich für die staatliche Finanzkasse ist hergestellt, denn einige Einkommenokiassen werden vorn 1. Jänner 1971 an spürbar mehr Steuern zahlen müssen als bisher.

Allerdings wird die Progressionsmilderung — so ist zu befürchten — bei der kommenden Lohnwelle wieder verloren gehen. Aber diesem Nachteil soll später die große Steuerreform abhelfen, die neue Berechnungsgrundlagen und eine dauerhaftere Lösung bringen soll.

Als Normalverbraucher stellt man sich vor, daß eine Gesamtlösung des Steuerproblems sicherlich etwas länger gedauert hätte, als die kleine Reform, daß sich das Warten aber ausgezahlt hätte. Als Normalverbraucher stellt man sich ebenso vor, daß die Arbeitskraft der Beamten des Finanzministeriums ökonomischer eingeteilt worden wäre, hätte man sie nicht dafür verwendet, zuerst eine kleine und danach erst eine große Reform zu erarbeiten. Wenn auch die großangekündigte Progressionsmilderung weitgehend ein Feigenblatt ist, so gibt es doch im Entwurf für die Einkommenssteuergesetz-Novelle einige äußerst begrüßenswerte Punkte: Die Frei-und Absetzbeträge sind teilweise entscheidend erhöht worden. Wer zu seinem normalen Einkom-kommen selbständig nebenher arbeitet, der hat künftig nicht 5000 Schilling im Jahr steuerfrei, sondern 7000. Für die mittätige Ehegattin steigt der Freibetrag von 15.000 auf 18.000 Schilling im Jahr.

Wenn beide Ehepartner gut verdienen, dann wird zwar auch die neue Grenze für die Zusammenveranlagung nicht ausreichen (200.000 statt 150.000 im Jahr), aber sie äst doch realistischer als die bisherige Verdienstsumme. Selbst das Kirchensteuerzahlen soll leichter gemacht werden. Wer bis zu 600 Schilling im Jahr bezahlt, der darf sich diesen Betrag von der lohnsteuerpflichtigen Summe abziehen lassen.

Äußerst positiv muß die Tendenz zur Rationalisierung und Verwaltungsvereinfachung beurteilt werden. Ein Beispiel dafür: Wer bisher den Absetzbetrag für die Hausstandsgründung absetzen wollte, mußte mühsam die Rechnungen für die Einrichtungsgegenstände zusammensammeln. Der Fiskus hat eingesehen, daß es keine Schwierigkeit ist, diese Rechnungen auch ohne eigene Investitionen zu sammeln.

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