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Die „reiche“ Kirche in Kolumbien
Über die Frage des Kampfes der Kirche gegen die soziale Ungerechtigkeit ist es in der lateinamerikanischen Republik Kolumbien in jüngster Zeit zu einer ernsten Auseinandersetzung zwischen einem Teil des Episkopates und zahlreichen Priestern und Laien gekommen. Man wirft den Bischöfen des Landes eine zu enge Verbindung mit der „herrschenden Klasse“ vor, der es vollständig am Verständnis gegenüber dem Elend des Volkes mangle. Der Episkopal wird auch deswegen kritisiert, weil er die konservative Partei der Großgrundbesitzer unterstützt und — so wird behauptet — systematisch die Konzilsaussagen zur sozialen Frage ignoriere. Demgegenüber vertreten vor allem viele der jungen Priester die Ansicht, daß es zu den wichtigsten Aufgaben der Kirche in unserer Zeit gehöre, gegen die soziale Ungerechtigkeit zu kämpfen und gegen Mißbrauche des Reichtums und den in krassem Gegensatz zu dem Elend weiter Bevölkerungsschichten stehenden Luxus der privilegierten Kreise aufzustehen.
Einer Reihe von Bischöfen wird auch vorgeworfen, sie würden sich gegen die Verwirklichung der Kon- iisbeschtmse m Kolumbien stellen.
Als maßgebender Repräsentant dieser Gruppe des Episkopats wird der Erzbischof von Bogota, Kardinal Concha-Cordoba, bezeichnet. Es wird berichtet, daß der Kardinal kolumbianischen Priestern die Fortsetzung ihrer Studien in Europa mit der Begründung untersagt habe, „daß sie dort von neurasthenischen Theologen angesteckt“ würden.
Der ernste Konflikt in der Kirche Kolumbiens, der in jüngster Zeit bereits dazu geführt hat, daß 250 Priesterkandidaten ihr Theologiestudium abgebrochen und eine erhebliche Anzahl von Geistlichen um ihre Laiisierung angesucht haben, erreichte vor wenigen Tagen einen neuen, beträchtliches Aufsehen erregenden Höhepunkt. Der Kardinal untersagte das weitere Erscheinen der seit 117 Jahren bestehenden katholischen Wochenzeitschrift „El Catolicismo“, einer der ältesten katholischen Presseorgane der Welt. In einem Brief an die beiden Geistlichen Maria R e v eil o und Herrn an Jimenez, die das in Bogota erschienene Blatt redigierten, erklärte der Kardinal, er stimme mit der dem Blatt in letzter Zeit gegebenen Ausrichtung nicht überein, verlange die Demission der Redakteure rund ordne die unverzügliche Einstellung des Blattes an. Ein Sprecher der im Jahre 1849 vom damaligen Erzbischof von Bogota gegründeten Zeitung bezeichnete die Entscheidung des Kardinals als unerklärlich. Die Zeitschrift habe sich treu an die vom Papst und vom Konzil vorgezeichnete Linie gehalten.
Die ernste Krise im Leben der katholischen Kirche in Kolumbien hat auch bereits im Ausland hohe Wellen geschlagen. Der Korrespondent der bekannten nord.amerika- nischen Zeitung „National Catholic Reporter“ vertritt in einem Bericht über die Vorgänge in Kolumbien die Ansicht, es handle sich weniger um ein institutionelles als ein personelles Problem, zumal der Koadjutor des Kardinals, Erzbischof 1 s az a - Re str epo, als ein Wortführer eines verstärkten Engagements der kolumbianischen Kirche in der sozialen Frage und einer konsequenten Verwirklichung der konziliaren Reformen gilt. Der Kardinal, der in Kürze das 75. Lebensjahr vollendet, hat jedoch bis jetzt noch in keiner Weise erkennen lassen, daß er der Empfehlung des Konzils und des Papstes entsprechen und mit 75 Jahren zurücktreten will.
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