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Spektakuläres Ereignis oder Gnadenmoment?
Der Papstbesuch in Manila ist vorbei. Wird er jene dauerhafte Wirkung haben, von dem sich die kirchliche Hierarchie so viel verspricht?
Der Papstbesuch in Manila ist vorbei. Wird er jene dauerhafte Wirkung haben, von dem sich die kirchliche Hierarchie so viel verspricht?
Ein Tag der Gnade sollte der 10. Weltjugendtag vom 10. bis 15. Jänner 1995 in Manila, der Hauptstadt der Philippinen werden. Zugleich waren drei weitere Jahrestage zu feiern. 400 Jahre Erzdiözese Manila, 25 Jahre „Radio Veritas Asia”, das als „Stimme der asiatischen Christen” die Frohe Rotschaft von Jesus Christus in alle Länder und Kulturen Asiens verkündet, und 25 Jahre Zugehörigkeit der nationalen Bischofskonferenz zur Föderation Asiatischer Bischofskonferenzen (FABC). Im Vorfeld der Festtage riefen die philippinischen Bischöfe die Jugendlichen des Landes zu „spiritueller Vorbereitung” auf die Begegnung mit dem Papst und den Jugendlichen aus aller Welt auf.
Jetzt, da der Papstbesuch vorbei ist und die zusätzlichen Menschenmassen zwischen vier und fünf Millionen waren zur Messe mit dem Papst am Sontag, 15. Jänner versammelt - wieder aus Manila abgereist sind, ist es die Überlegung wert, ob dieses spektakuläre Ereignis wirklich jener „Gnadenmoment” war, von dem sich die kirchliche Hierarchie eine „dauerhafte Wirkung” verspricht.
Wie sich dieser 10. Weltjugendtag - der erste in Asien - im Sinne seines johanneischen Mottos „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch” (Jo 20,21) auswirken soll, wird oft mit dem Regriff „Neu-Evangelisierung” bezeichnet. Was bedeutet das im einzigen mehrheitlich katholischen Land Asiens?
Daß man die Feste feiern soll, wie sie fallen, ist für Filipinos selbstverständlich. Und je wichtiger der Anlaß, je angesehener der beziehungsweise die Resucher, umso intensiver die Vorbereitungen, und umso bunter, musikalischer, länger und geselliger die Feierlichkeiten - Jubel, Trubel, Heiterkeit!
Die Welt und das Leben sind heil. Ein Gnadenmoment! Und Quelle von Energien; vor allem jener Energien, die notwendig sind für die Vorbereitungen auf das Fest.
Für die kirchliche Pastoralarbeit sind solche Vorbereitungsphasen gute Zeiten, um durch verschiedene Veranstaltungen den Glauben ihrer Mitglieder zu vertiefen beziehungsweise zu erneuern. Es werden Einkehrtage, abendliche Rildungsveran-staltungen und Wochenendseminare auf Pfarr- und Diözesanebene veranstaltet; zu regionalen und nationalen Jugendlagern werden Diözesanver-treter entsandt.
Für viele Jugendliche, vor allem die vielen, die aus verschiedenen Gründen nicht zur Schule gehen (können), bedeuten solche Veranstaltungen eine Gelegenheit, die Erfahrung gelebter kirchlicher, in diesem Fall sogar weltkirchlicher Gemeinschaft zu machen und auch ihr Glaubenswissen zu vertiefen.
In diesem Sinn ist die „Neu-Evan-gelisierung” eher zu verstehen als eine neuerliche Evangelisierung, jedoch im Rahmen der traditionellen volkskirchlichen Organisations- und Frömmigkeitsstrukturen. In diesem System geht es hauptsächlich darum, durch religiöse Akte und fromme Übungen - Novenen, Rosenkränze, Heiligenverehrung - die eigene Seele für den Himmel vorzubereiten.
Dieses religiöse Verständnis und Verhalten ist noch in weiten Kreisen der Kirche verbreitet. Nicht in allen Diözesen und Pfarren setzten sich die Erneuerung durch das Zweite Vatikanische Konzil, die von der lateinamerikanischen Kirche beeinflußte Gründung von Rasisgemein-den mit tatkräftigem sozialem Engagement für Gerechtigkeit und Frieden und die theologischen und pa-storalen Einsichten des im Jahre 1991 stattgefundenen Zweiten Pastoralen Konzils der Kirche auf den Philippinen gleich schnell durch.
Wo aber neue Aufbrüche passieren, kommen sie in der Regel von der Rasis der Kirche und nicht von der Spitze. Die Anstöße dazu gibt das konkrete, tägliche (Über)Leben in seinen politischen, wirtschaftlichen, sozialen und - vermehrt - ökologischen Dimensionen und Verflechtungen. Mit neuen Augen werden die beiden Bücher der Offenbarung Gottes - Schöpfung und Bibel - gelesen und gewinnen Menschen daraus Kraft und Mut, in Glaube, Hoffnung und Liebe, das kirchliche und gesellschaftliche Leben an der Basis schöpferisch und nachhaltig zu gestalten.
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