Die Industrie steht unter Strom

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Die österreichische Industrie fürchtet um ihre Wettbewerbsfähigkeit. Grund: die hohen Energiekosten. Forderungen nach Entlastung durch die Politik werden laut.

Wir haben nur einen Stahlerzeuger in Österreich, und der steht im internationalen Wettbewerb", betonte der Obmann der Bundessparte Industrie in der Wirtschaftskammer Österreich, Wolfgang Welser, vergangene Woche bei einer Veranstaltung der Wirtschaftskammer. Thema: die hohen Energiekosten und deren Folgen für den Industriestandort Österreich. Ein energieintensiver Betrieb wie die Voestalpine habe eben besonders darunter zu leiden, wenn in einem Jahr (von 2003 auf 2004) in Österreich Strom um 25 Prozent und Heizöl um 14 Prozent teurer geworden sei. Bemerkenswert sei dabei, dass die politisch hausgemachten Kosten noch deutlicher gestiegen seien als die Marktpreise für Öl, Gas und Strom. So habe das Kostenplus bei Ökostrom 51, das der Energiesteuer 16 Prozent betragen.

Sorge um den Standort

Michael Zimmermann, Energie-und Umweltsprecher der Bundessparte Industrie, fürchtet daher um den Industriestandort, der für die österreichische Wertschöpfung besonders wichtig sei. So betrage der Anteil der Industrie an der gesamten gewerblichen Wirtschaft zwar nur zwei Prozent, diese zwei Prozent erwirtschafteten jedoch mehr als ein Drittel der Produktion der heimischen Wirtschaft. Während die Sachgüterindustrie rund zwei Prozent des Umsatzes für Energie aufwende, liege dieser Anteil in energieintensiven Branchen bei acht Prozent, in Branchen wie Stahlindustrie, Chemie, Holz, Papier, Zement und Ziegel sogar im zweistelligen Bereich. "Dadurch ist die österreichische Industrie von steigenden Energiekosten überproportional betroffen", meinte er. Vor allem drei Forderungen leitet Zimmermann daraus ab:

* Die Energiesteuern sollen für energieintensive Betriebe auf ein Minimum reduziert werden. Zusätzlich könnten Betriebe, die am CO2-Emissionshandel teilnehmen, von den Energiesteuern entlastet werden, da sie ohnehin bestrebt seien, möglichst wenig Energie zu verbrauchen.

* Kleinemittenten sollen aus dem CO2-Emissionshandel entlassen werden, da sie durch den bürokratischen Aufwand überproportional belastet seien.

* Mit Fördersystemen wie für erneuerbare Energie solle maßvoll umgegangen werden, da Fördersysteme den freien Markt verfälschen.

Kein Weg aus der Misere der hohen Energiekosten sei ein Wechsel der Energiequellen, wie ihn die Grüne Bundesgeschäftsführerin und Wirtschaftssprecherin Michaela Sburny im Furche-Interview (siehe unten) anregt. "Der Ölpreis steigt, dem Ölpreis folgt der Gaspreis, und auch die anderen Energieträgerpreise orientieren sich daran. Selbst der Preis für Biomasse hat parallel zum Ölpreis deutlich angezogen." Sburny kann dennoch den Forderungen der Industrie nichts abgewinnen. Zu den geforderten Entlastungen von der Energiesteuer meint sie: "Diese Entlastung gibt es ja. Die Energiesteuern auf Strom, Erdgas und Kohle sind mit 0,35 Prozent des Nettoproduktionswertes der Unternehmen gedeckelt." Statt nach neuen Entlastungen zu rufen, solle die Industrie besser die immer noch vorhandene Effizienzpotenziale ausschöpfen, wenngleich "Österreich da schon jetzt nicht schlecht dasteht". Es sei jedenfalls der falsche Weg, alles nur billiger machen zu wollen.

Fehlender Wettbewerb

Peter Eberl von der Generaldirektion Wettbewerb in der Europäischen Kommission ortet die Gründe für die hohen Energiepreise nicht nur in Österreich, sondern in der gesamten eu auch im mangelnden Wettbewerb, den die Kommission untersucht und in einem vorläufigen Bericht im Februar dieses Jahres bemängelt hatte. So gebe es beispielsweise für die Konsumenten noch immer zu wenig Wahlfreiheit im Energiesektor, weil Neuanbieter auf dem Markt nur schwer Fuß fassen könnten. Langfristige Verträge, intransparente Märkte und die Verquickung von Infrastruktur-und Versorgungsaufgaben seien dafür verantwortlich. Zudem existiere fast kein grenzüberschreitender Wettbewerb, weil der Zugang zu grenzüberschreitenden Gas-und Stromleitungen durch unzureichende Kapazitäten und langfristige vertragliche Bindungen erschwert werde. Gegen wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen der Energiekonzerne werde die Kommission daher weiterhin vorgehen. Zur Fusion von omv und Verbund (siehe Seite 3) wollte sich der Wettbewerbshüter allerdings nicht äußern. Es seien noch zu wenige Details bekannt, um sie wettbewerbsrechtlich beurteilen zu können, hieß es. Industriesparten-Obmann Welser jedenfalls ist skeptisch: "Bei dem gewaltigen Kostenblock, den Strom und Gas für viele Industriebetriebe bedeuten, wären mehr Alternativen bei den Anbietern wünschenswert."

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