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Der alte Mensch in der modernen Gesellschaft

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Die Beziehungen zu Menschen der älteren Generation werden unpersönlicher. Mit der Tendenz zur Kern- und Kleinfamilie, die nur Eltern und heranwachsende Kinder einbezieht, erfolgt eine Ausgliederung der alten Generation aus dem unmittelbaren Familienverband.

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Die Beziehungen zu Menschen der älteren Generation werden unpersönlicher. Mit der Tendenz zur Kern- und Kleinfamilie, die nur Eltern und heranwachsende Kinder einbezieht, erfolgt eine Ausgliederung der alten Generation aus dem unmittelbaren Familienverband.

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Die Bevölkerungsstruktur der Länder der industriellen Zivilisation ist durch ständiges starkes Anwachsen des Anteils der älteren Jahrgänge gekennzeichnet. Die sozialen Sicherheiten, die im Zuge der industriellen und sozialen Revolution erkämpft worden sind, bringen heute die Vorteile der medizinischen Entwicklung im wesentlichen an alle Schichten der Gesellschaft heran. Man ist imstande, dem Tod in den verschiedenen kritischen Lebensphasen, bei Säuglingen, Kleinkindern, bei Müttern und auch bei den alten Menschen erfolgreich entgegenzutreten.

Der Anteil der 65-Jährigen und Älteren an der Gesamtbevölkerung Österreichs doppelt. 1875 betrug sie in Deutschland 35 Jahre, 1950 war sie auf 65 Jahre gestiegen. In Schweden betrug die durchschnittliche: Lebenserwartung um 1760 etwa 34 Jahre und stieg bis 1940 auf 66 Jahre. In den USA wurde sie um 1900 mit 49 Jahren errechnet und stieg bis 1950 auf 68 Jahre. So hat das Zeitalter der Industrialisierung mit seinen sozialen Folgeerscheinungen, trotz mancher neuer gesundheitlicher Bedrohung des Menschen, die Lebenserwartung entscheidend verlängert.

Österreich, Deutschland, USA

Daneben begann als weiteres bevölkerungsstrukturelles Phänomen die Geburtenbeschränkung auf breiterer Basis wirksam zu werden, so daß sich der Bevölkerungsaufbau noch stärker zugunsten der Jahrgänge der Älteren und Alten verschob. So ist zum Beispiel in Österreich der Anteil der über 65 Jahre alten in den letzten 40 Jahren von rund einem Zwanzigstel auf ein Zehntel der Gesamtbevölker.ung gestiegen. In Deutschland ist eine ähnliche Entwicklung zu verfolgen, und in den USA hat sich seit 1900 die Bevölkerung verdoppelt, der Anteil der mehr als 65 Jahre alten dagegen mehr als vervierfacht. Auf manche Aspekte der daraus entstandenen Situation, zum Beispiel, daß immer weniger junge Menschen die Last der Versorgung von immer mehr älteren Menschen tragen müssen, ist oft — und nicht zuletzt von den Fachleuten der Sozialversicherung — hingewiesen worden.

Wie steht es um die andere Seite dieses Problems, nämlich darum, wie die alten Menschen gewertet werden, und darum, wie sie sich selbst einschätzen? Die Antwort mag grob klingen, doch ist zunächst allgemein zu sagen, daß heute weniger Grund vorliegt, das Alter hochzuschätzen. Die Erfahrung, die in früheren Zeiten bei alten Menschen gesucht wurde, wiegt heutzutage nicht mehr so schwer, da sie bei der Schnelligkeit der Entwicklung nicht den gleichen überzeugenden Wert besitzt. Die Beziehungen zu Menschen der älteren Generation werden unpersönlicher. Mit der Tendenz zur Kern- und Kleinfamilie, die nur Eltern und heranwachsende Kinder einbezieht, erfolgt eine Ausgliederung der alten Generation aus dem unmittelbaren Familienverband. Auch das Verhältnis zu den Lehrern jeder Kategorie wird allgemein intensitätsschwächer, da das Gewicht der institutioneilen und der apparategebundenen Bildungsübermittlung immer mehr zunimmt.

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