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Digital In Arbeit

Die Qualifikationen der Zukunft

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Gesetzt den Fall, Sie sind Personalchef einer jener neuen Firmen, die sich für die Zukunft fit und schlank gemacht haben: Wonach, nach welchen Qualifikations-Kriterien, beurteilen Sie einen Bewerber?

Vor zehn, 20 Jahren war die Sache relativ einfach. In der hierarchischen Welt der Nachkriegsbetriebe waren entscheidend

■ der Bildungsabschluß, belegt durch ein Dokument,

■ der persönliche Eindruck und

■ das Alter und das Geschlecht. Erwartungen bezüglich des Gehaltes spielten zwar eine Rolle, aber meist keine entscheidende, weil Gehälter nach „Laufbahnen" festgelegt waren.

Heute berichten Personalchefs immer wieder von einem Typus von Bewerbern, die sie garantiert negativ bescheiden werden. Zitat eines Personalchefs einer großen mittelständischen Firma im Softwarebereich:

„Alter etwa 28, adrett gekleidet, korrekter Schlips. Etwas nervös, aber das überspielt er durch gespielte Souveränität. Trägt sichtbares Handy. Setzt sich unaufgefordert und kommt sogleich zur Sache. Er könne sich diesen Job sehr gut vorstellen. Er habe dies und das studiert

Abschlüsse überdurchschnittlich, Unilaufbahn makellos. Auf die Frage, was sein Ziel in unserer Firma wäre, kommt die Gegenfrage: Welche Aufstiegschancen es denn gäbe, und wann er mit Beförderung rechnen könne, etc. "

Leistungswille, Biß, Stringenz -alles hervorragende Qualifikationen. Aber für die Firmenwelt der Zukunft leider zu wenig.

Unser Personalchef wird völlig andere Fragen stellen: Nach Hobbys etwa (ist der Bewerber fähig, seine Leidenschaften zu organisieren). Nach Brüchen in der Biographie (wie geht er mit Mißerfolg um?). Nach Freundeskreisen (soziale Integration).

Denn die entscheidenden Qualifikationsmerkmale der Zukunft lassen sich auf folgende Begriffe bringen.

Emotionale Intelligenz

Unter diesem Sammelbegriff nach J. Goleman können wir heute die wesentlichen psychologischen Qualifikationen neuen Typus subsumieren. Also keine reine „lineare Intelligenz" mehr, die aus abfragbaren Fähigkeiten besteht, sondern eine komplexere Intelligenz, die auf sozialen Fähigkeiten beruht: Selbststeuerungs-Fähigkeit, Kooperations-Kompetenz, Artikulations-Kompetenz.

Universalismus-Fähigkeit

Wir stellen inzwischen auch Atomphysiker ein, weil die etwas von Chaosmanagement verstehen, sagt der Deutsche Bank-Personalexperte Heinz Fischer.

Eine Arbeitswelt, die im Fluß ist, benötigt immer noch spezifische

Fähigkeiten. Aber Spezialisten sind in ihr stets in Gefahr, in berufliche Sackgassen zu laufen. Deshalb gehört die Fähigkeit, universelles • Wissen zu erwerben, zu einer der vornehmsten Lehrziele zukünftiger Bildungspolitik.

Lernintelligenz

In Zukunft wird das größte Problem sein, wie man etwas „erlernt". Menschen neigen zu Dogmen, sie neigen zur „fixierten Gewißheit". Sich immer wieder an neue Denkmuster gewöhnen ist eine Kunst mit Zukunft. Das setzt bestimmte Teil-Qualifikationen wie „Medienkompetenz" voraus, auch kritisches Bewußtsein im konstruktiven Sinn.

Selbst-Qualifizierung

Lernen wird überall und auf breiter Front Selbst-Verantwortlicher, Selbst-Beflexiver. Wir stehen vor einem Prozeß der Ent-Institutionali-sierung von Lernen.

Der Schweizer Medienpädagoge Doelker sagt: Schulen und Universitäten bleiben Häuser des Lernens. Darin wird es allerdings anders zugehen als heute. Die neuen Techniken brechen den Klassenverband auf, weil jeder sein Lerntempo selbst bestimmen kann. Nicht mehr der Dümmste gibt das Tempo vor, jeder einzelne muß individuell betreut werden. Bildung wird zu einem plu-ralisierten, amorphen Prozeß, sie findet an vielen Orten statt.

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