Die Tücken eines großen Versprechens

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Bürgermeister Michael Häupl ist ein gewiefter Kerl. "Schlau ist: Wenn's an der Schule Nachhilfe zum Nulltarif gibt!", steht auf den neuen Sommer-Plakaten der Wiener SPÖ zu lesen. Bereits ab Herbst will man an allen Volksschulen in der Bundeshauptstadt das neue Projekt "Förderung 2.0" starten; im Februar 2015 sollen auch die neuen Mittelschulen und Gymnasien dazukommen.

Insgesamt 400 Planstellen will die Stadt bereitstellen, um Kinder mit Defiziten in Mathematik, Deutsch, Lesen sowie Deutsch als Zweitsprache am Nachmittag zu unterstützen - teils durch neue Lehrkräfte, teils durch Überstunden bereits unterrichtender Pädagogen. Jede öffentliche Schule erhält (entsprechend ihrer Klassenanzahl) ein Basis-Modul an Förderstunden. Weitere werden nach "genau definierten Parametern" - darunter auch die sozioökonomischen Rahmenbedingungen - vergeben. Wie hoch genau der Bedarf ist, entscheiden die Lehrerinnen und Lehrer derzeit selbst - gemeinsam mit Direktoren, Eltern und Bezirksschulinspektoren. Im Herbst wird aktualisiert.

An den Schulen selbst ist die Euphorie über diesen Plan, mit dem sich laut Wiens Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch (SP) Eltern pro Kind mehr als 600 Euro jährlich an Nachhilfe-Kosten sparen sollen, freilich gedämpft. "Für uns ist das kein Ressourcengewinn, sondern eine Augenauswischerei - denn zugleich wurden uns Lese- und Sprachförderstunden gestrichen", klagt eine Leiterin einer Ganztagsschule in einem sozial benachteiligten Wiener Bezirk, die anonym bleiben will. Dass die Schulen selbst bestimmen können, wieviel Unterstützung sie brauchen, hält sie für Autonomie im falschen Sinn: "Besser wäre es, den Bedarf wirklich nach objektiven Kriterien - etwa einem Sozialindex - zu erheben", ist sie überzeugt. Was bleibe, sei "ein großer, zusätzlicher Verwaltungsaufwand" - und der Eindruck, dass das Projekt "Förderung 2.0" vor allem zwei Zielen diene: der möglichst raschen Umwandlung von Halbtags-in Ganztagsschulen - ohne die Rahmenbedingungen (etwa die Möglichkeit zum Mittagessen) zu verändern; und der Profilierung des Bürgermeisters vor der Wiener Wahl.

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