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Mandat der Studenten

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Eine Kommission der CDU CSU- Landtagsfraktionen hat sich am 17. Mai in München auf gemeinsame Grundsätze für eine strukturelle Neuordnung des Hochschulwesens geeinigt. Es handelt sich dabei um eine Erweiterung der in sechs Punkten formulierten Reformmaßnahmen, die die Konferenz der Kultusminister anfangs April verabschiedet hatte. Der bayrische Kultusminister Huber betonte, daß es sich bei diesen Grundsätzen nicht nur um ein Rahmenprogramm handle, sondern daß darin die Reformen im Detail angesprochen seien. Noch 1968 will die CDU CSU in den einzelnen Landtagen entsprechende Gesetzesinitiativen einbringen.

Diese Grundsätze enthalten folgendes:

• Um eine bessere organisatorische Koordinierung und die notwendige Kontinuität der Universitätsverwaltung zu erreichen, soll die sogenannte Präsidialverfassung mit einer mindestens fünfjährigen Amtszeit des Präsidenten eingeführt werden.

• Das bisherige starre Institutssystem wird auf ein Departementsystem hin erweitert, innerhalb dessen die Lehrstuhlinhaber gleichberechtigt Zusammenarbeiten, unterstützt durch gemeinsame Sach- und Personalmittel.

• In den Organen der akademischen Selbstverwaltung soll eine funktionsgerechte Mitsprache der einzelnen Gruppen der Universität einschließlich der Studenten gesichert werden. Die Funktionsgerechtigkeit, so heißt es in der Begründung, verlange für die Studentenschaft eine umfassende Mitsprache, insbesondere bei der Festlegung von Studien- und Prüfungsordnungen sowie bei Entscheidungen im Sozialbereich. Aber auch bei Berufungen sei eine abgestufte Beteiligung in gewissen Stadien des Verfahrens denkbar.

• Für einzelne Fachgebiete soll unter Berücksichtigung der Anforderungen der Studien- und Prüfungsordnungen eine Mindestlehrverpflichtung festgelegt werden.

Generalreform des Studiums

Besondere Sorge erfährt der akademische „Mittelbau“. Wer an der Lehre beteiligt sei, solle möglichst auch an den Prüfungen beteiligt werden. Akademiker aus der Praxis sollen ebenfalls verstärkt herangezogen werden. Assistenten seien grundsätzlich den Instituten, Abteilungen oder Fakultäten zuzuordnen, und für die gesamte Gruppe der nicht habilitierten ständigen wissenschaftlichen Mitarbeiter müßten sichere beamten- und besoldungsrechtliche Regelungen getroffen werden. Soweit noch Habilitationsverfahren durchgeführt würden — andere entsprechend qualifizierte wissenschaftliche Leistungen könnten sie ersetzen —, sei ein Rechtsanspruch auf Zulassung zum Verfahren einzuräumen, und zwar nicht gegenüber einem einzelnen Professor, sondern gegenüber der Fakultät.

Die Berufungen sollen künftig durch Ausschreibungen erfolgen, und neben der wissenschaftlichen Qualifikation sei auch die didaktische Fähigkeit zu berücksichtigen.

Neben einer verstärkten Berufsund Studienberatung wird der Reform der Studien- und Prüfungsordnungen eine ganz besondere Bedeutung beigemessen. Das Grundstudium wird prinzipiell mit einer Zwischenprüfung abgeschlossen, die wiederum die Voraussetzung bildet für die Fortsetzung des eingeschlagenen Studienganges. An Stelle des Semesters soll das Studienjahr eingeführt werden, weil dadurch eine größere Flexibilität für die Einteilung in Vorlesungszeiten, Zeiten für Übungen, Praktika und Arbeitsgemeinschaften sowie für die Forschungszeiten erreichbar sei. Über etwaige Bestimmungen für Exmatrikulationsregelungen wird erst entschieden werden, wenn die not wendige Reform der Studien- und Prüfungsordnungen durchgeführt ist. Das Disziplinarrecht soll ebenfalls neu geordnet werden, wobei der Begriff „Verstoß gegen Würde und Ansehen der Hochschule“ durch fest umrissene Tatbestände zu ersetzen sei.

Die Vorgänge im Bereich der Selbstverwaltung der Universität müssen nach den Vorstellungen der CDU CSU-Kulturexperten auf allen Ebenen eine größere Transparenz erhalten. Diese Publizität gelte für alle Entscheidungen, insbesondere für Prüfungen, und bedeute, daß sie nachprüfbar sein müssen. Der Studentenschaft wird als einer Teilkörperschaft innerhalb der Universität die Rechtsfähigkeit mit eigener Beitragshoheit verliehen. „Sie regelt ihre eigenen Angelegenheiten selbständig. Sie untersteht der Rechtsaufsicht des Kultusministers. Die Studentenschaft hat ein hochschulpolitisches Mandat.“

Schnelle Entscheidung

Da für 1980 mit einer Verdoppelung der jetzigen Studentenzahl gerechnet wird, ist nach Meinung der CDU CSU-Kulturkommission diese Neuordnung der Hochschulstruktur noch nicht ausreichend. Neben dem Universitätsbereich müsse deshalb ein neuer Bildungsbereich, der als Akademiebereich bezeichnet werden soll, organisiert werden.

Trotz der Eile der CDU CSU- Landtagsfraktionen, jetzt entsprechende Hochschulgesetze einzubringen, „bleiben die Hochschulen aufgefordert, in ihrem Bereich die notwendigen Entscheidungen zu treffen“. Aber angesichts der immer stärker erhobenen Forderung, endlich zu handeln, glauben die Politiker, nicht mehr lange warten zu können. Auch Kultusminister Huber scheint sich nicht mehr viel zu erwarten, wenn er sagt: „Der Staat wird sich seiner Aufgabe, die Studienreform durchzuführen, nicht entziehen können.“

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