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Mehr politische Bildung
Die Tutzinger Akademie für politische Bildung feierte in der letzten Novemberwoche ihr zehnjähriges Bestehen. Ein Pestakt im MaximEia- neum unterstrich den ständig wachsenden Stellenwert, den Parlament und Regierung angesichts der Unrast aiuif politischem Gebiet dieser Institution zuimessen. Die Akademie besitzt eine öffentliche Rechtsform mit Selbstverwaltung und 1st von seiten des Staates mit beachtlichen finanziellen Mitteln ausgestattet
Entscheidungen im bayrischen Kultusministerium beweisen ebenfalls, daß innerhalb der Regierung der Wille wächst, sich über den notgedrungen engen Rahmen von Akademien hinaus intensiver mit dem Problem der politischen Bildung zu befassen. So sieht beispielsweise ein kürzlich veröffentlichter Ministerial- erlaß vor, daß im neuen Schuljahr sogenannte „Schulforen“ eingerichtet werden, in denen sich eine stärker als bisher ausgebaute Schülervertretung als Partner des Lehrerrates und des Elternbeirats betätigen soll. Damit könne „demokratisches Verhalten am Gymnasium nicht nur vorbereitet, sondern auch eingeübt“ werden. Die Behörden scheinen derart auf die jüngsten Unruhen in den Gymnasien reagieren zu wollen, wo die Diskussion um Schülerzeitungen, Streik- und Demonstrationsrecht zu heftigen Auseinandersetzungen geführt .hatte. Die in Aussicht gestellte WaI lters auf 18 Jahre sowie die , zunehmende Beteiligung von Gymnasiasten an politischen Veranstaltungen fordern geradezu Maßnahmen auf diesem Gebiet.
„In dem Maße“ — so heißt es in einer Verlautbarung des Kultusmini- siteniums — „wie politische Bildung zu einer Geisamtaufgabe des Gymnasiums wird, kann sich auch das der politischen Bildung zugeordnete Unterrichtsfach, das in Bayern Sozialkunde heißt, stärker als bisher darum bemühen, das elementare Grundwissen bereitzustellen und über die reine Institutionenlehre hinaus das Verständnis für politische Funktionen und Prozesse zu wek- ken“.
Das Beispiel Dänemarks wo in einigen Schulen bereits Tageszeitungen als Pflichtlektüre in den Unterrichtsplan eingebaut worden sind, scheint auch in Bayern nicht mehr allzu fern zu liegen. Applaudiert von den Sozialdemokraten, die schon lange ähnliche Forderungen anmeldeten, spricht jetzt das Kultusministerium davon, daß sich die Sozialkunde „mehr als bisher den Fragen der Tagespolitik stellen, den Prozeß der Meinungsbildung durch Nachdenken und Diskussion unter den Jugendlichen fördern, das erwachte Engagement der Schüler in der Form der Diskussion miteinbe- ziehen und dabei die Sachprobleme zur Klärung“ bringen werde.
Um diesem Ziele näher zu kommen, wurde beschlossen, die Stundenzahl für Sozialkunde in den bei den letzten Klassen des Gymnasiums zu verdoppeln.
Ein Hauptproblem der politischen Bildung in den nächsten Jahren bildet der Nachwuchs an geeigneten Lehrern. Bereits jetzt ist an der Akademie für Politische Bildung in Tutzing ein breit angelegtes FortbE- dungsprogramm angelaufen, das über einen Zeitraum von vier Jahren hinweg aus allen Gymnasien
Lehrer, die das Fach Sozialkunde nicht studiert haben, erfassen soll. Zudem wächst die Zahl der Lehrer, die das Fach schon an der Universität als Zweitfach belegt haben, und eine abgeänderte Zulassungsordnung für Gymnasiallehrer wird es in absehbarer Zeit ermöglichen, daß auch Hauptfach-Sozialkundler — das heißt Diplompolitologen — angenommen werden.
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