Plagiate: Qualitätskontrolle statt Hetze
Der Fall Föderl-Schmid hat das Phänomen selbsternannter „Plagiatsjäger“ einmal mehr in die öffentliche Wahrnehmung gerückt. Tatsächliche akademische Unsauberkeiten offenbaren freilich vor allem ein Strukturproblem nachlässiger Wissenschaftspolitik. Ein Gastkommentar.
Der Fall Föderl-Schmid hat das Phänomen selbsternannter „Plagiatsjäger“ einmal mehr in die öffentliche Wahrnehmung gerückt. Tatsächliche akademische Unsauberkeiten offenbaren freilich vor allem ein Strukturproblem nachlässiger Wissenschaftspolitik. Ein Gastkommentar.
In den letzten Wochen wurde anlässlich des tragischen Falls der österreichischen Journalistin Alexandra Föderl-Schmid viel über Fragen angeblich unseriöser akademischer Abschlüsse diskutiert. Neben abgrundtiefem, politisch motiviertem Hass als bedrückendem Tiefststand politischer Kultur stellt sich hierbei aber auch die Frage nach dem Standard wissenschaftlicher Qualitätskontrolle. Denn mit einer effektiven ministeriellen Prüfung solcher Fälle könnte ein wie immer (qualitätsvoll?) motivierter Privatier niemals eine solche öffentliche Vorverurteilung samt politisch motivierter Kampagne gegen jemanden bewirken.
Vorkommnisse wie diese verweisen deshalb letztlich auch darauf, dass die Wissenschaftspolitik betreffend den Umgang mit vermeintlichen Mängeln akademischer Abschlüsse bisher versagt hat. Die Österreichische Agentur für wissenschaftliche Integrität (ÖAWI), der u. a. 30 Universitäten und neun Fachhochschulen angehören, scheint zu unbeweglich und möglicherweise auch von zu vielen unterschiedlichen Interessen gesteuert, sodass dies bisher nicht gewährleistet werden konnte, sonst gäbe es private Hetzjagden wie diese gar nicht erst.
Üble Tradition von Seilschaften
Dabei geht es an Universitäten neben problematischen Abschlüssen auch immer wieder um andere Qualitätsfragen: etwa bei Bestellungen („Seilschaften“) auf wichtige Leitungsfunktionen oder Professuren – oft mit jahrelang nachteiliger Wirkung auf das akademische Fach. Auch hier hält sich das Ministerium bei Einsprüchen – selbst bei Vorliegen massiver Zweifel an der Qualifikation der Bewerberinnen und Bewerber – sehr zurück („formal korrekter Vorgang“). Besonders anfällig für solche Fehlbestellungen sind interne Berufungen ohne unabhängige Kommissionen. Wer hier Einspruch erhebt (selbst mehr als einmal erlebt), kommt sich zu Recht verschaukelt vor. Auch hier bräuchte es unabhängige fachlich-inhaltliche Entscheidungsinstanzen, letztlich auch zum Schutz der Bewerber.
In den Fällen fragwürdiger akademischer Abschlüsse fällt bislang dreierlei auf:
- Die Aufdeckung erfolgt jeweils als Privatissimum eines einzelnen „Plagiatsjägers“ und öffnete einer publizistischen Verfolgung Tür und Tor.
- Die Feststellung solcher (auch deutlicher) Qualitätsmängel oder Plagiate hat selten Folgen.
- Die Frage nach den Rahmenbedingungen, die solche Missstände erst ermöglichen, wurde nie ernsthaft gestellt oder beantwortet.
Zum ersten Punkt: Der beklagte Mangel an effektiver Qualitätskontrolle öffnet dieses Feld für verbissene Einzelkämpfer mit oft unbekannten, oft höchst fragwürdigen Auftraggebern. Stattdessen sollte in Zweifelsfällen eben eine neu zu schaffende, ministerielle Instanz (Clearingstelle) die Überprüfung vornehmen, wobei auch Schweregrad und Ausmaß von Verstößen genau festzulegen wären und die Ergebnisse erst nach Vorliegen klarer Resultate veröffentlicht werden. Zwar gibt es neuerdings auch den Versuch eines Gesetzes zur Qualitätssicherung an Hochschulen, nur wird es von juristischer Seite als handzahm und kaum praktikabel kritisiert. Zudem erschwert bisher das Zaudern akademischer Institutionen die Verfolgung solcher Dinge, weil das auch ein nachteiliges Licht auf sie selbst werfen könnte. Aber müsste nicht der gute Ruf unserer Studienabschlüsse jedem halbwegs weitsichtigen Rektorat oder Ministerium ein Anliegen sein? Zweitens: Dass selbst in krassen Fällen Betroffene ihren akademischen Grad behalten konnten, wird häufig recht eigenwillig erklärt – etwa mit einer „nicht nachweisbaren Täuschungsabsicht“ (als ob jemand „unabsichtlich“ abschriebe ...). Das wiederum provoziert geradezu weiterführende öffentliche Agitation. Und drittens: Auch die verantwortlichen Betreuerinnen und Betreuer solcher Arbeiten sind kaum Thema.
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