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Unsozial und sehr viele Pannen bei der Abwicklung

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Haben Sie schon einmal die verschiedenen Methoden zur Budgetsanierung der Regierungen der letzten Jahre verglichen? Eines wird Ihnen sofort auffallen: Die Familien wurden noch jedesmal zur Kassa gebeten; vielleicht liegt es daran, daß es keine Familiengewerkschaft in Österreich gibt, die in der Sozialpartnerschaft vertreten ist und jedesmal bei der Kürzung von familienpolitischen Leistung einen großen Streik ausruft.

Die Maßnahmen des Sparpaketes haben in unverhältnismäßig hohem Ausmaß ausschließlich die Familien betroffen: Reduzierung der Familienbeihilfe, Wegfall des erhöhten Karenzgeldes, des Familienzuschlages zum Arbeitslosengeld und der Heim-fahrtbeihilfe für Schüler und Studenten. Zusammen mit der Einführung der Selbstbehalte bei Schulbüchern und der Schülerfreifahrt haben diese Maßnahmen zu einer großen sozialen Unausgewogenheit geführt.

Bei allem Willen zum Sparen muß man leider festhalten, daß der Nutzen durch die Einführung dieser Selbstbehalte - abgesehen von Nebenwirkungen wie Diskriminierung von Mehrkindfamilien - nie so hoch sein kann, wie sich die Regierung das vorgestellt hatte, da alle Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, den Administrationsaufwand in die Höhe zu treiben.

Bei den Schulbüchern wurde eine Staffelung des zu zahlenden Betrages nach dem Alter des Kindes und dem besuchten Schultyp eingeführt. Da keine Kontrolle durch eine zentrale Stelle mehr möglich gewesen wäre, wurde diese den Lehrern übergeben. Um der Sache Herr zu werden, drohten manche von ihnen, Zeugnisse nur gegen Vorlage des Erlagscheinabschnittes auszugeben.

Diese Methode hatte zwei Haken: Erstens wurde nicht beachtet, daß Familien aus Sparsamkeitsgründen vielleicht Telebanking verwenden und zweitens, daß eine Überweisung am sogenannten Selbstbedienungsschalter nicht als bezahlt gilt. Bei diesen Bankmethoden gilt nur der Kontoauszug als tatsächlicher Überweisungsbeleg - und dabei stellt sich wohl die Frage, ob Kinder mit den Kontoauszügen der Eltern in der Schule die Berechtigung auf den Erhalt der Schulbücher nachweisen müssen?

Bei den Erlagscheinen für den Schülerfreifahrtselbstbehalt war das Familienministerium besonders überfordert. Sie wurden zu spät gedruckt oder gingen bei der Verteilung an die Schulen verloren. Dadurch konnten in Wien bis Mitte September keine Fahrausweise ausgestellt werden. Hätten die Wiener Verkehrsbetriebe in dieser Zeit rigoros kontrolliert, dann wären die dadurch entstanden Einnahmen wahrscheinlich höher gewesen als die Einnahmen durch die Einführung der Selbstbehalte.

Da sich bei all diesen Sanierungsaktionen auf Kosten der Familien herausgestellt hat, daß die Kosten für die Verwaltung den zu erwartenden Nutzen fast übersteigen, liegt eine Neuorganisation dieser Sparmaßnahmen auf der Hand. Nach Ansicht des Katholischen Familienverbandes Österreichs wäre eine Verlagerung des Schulbuchbudgets in die Autonomie jeder einzelnen Schule wesentlich sinnvoller gewesen und hätte vor allem weniger Verwaltungsaufwand verursacht. Der Vorschlag des Katholischen Familienverbandes Österreichs, ein Schulbuchbudget (Limit x Anzahl der Schüler) für jede Schule zur Verfügung zu stellen und die Entscheidung über die Verwendung der Gelder bezüglich Ankauf von Büchern und anderen Unterrichtsmitteln am Schulstandort autonom zu treffen, sollte unbedingt berücksichtigt werden.

Bei den Schülerfreifahrtselbstbe-halten ist dem Verband eine sparsame Handhabung der Schüler-„frei"fahrt, die Durchforstung auf ungerechtfertigte und vermeidbare Ausgaben wichtig, dann würden sich auch die Selbstbehalte erübrigen.

Die Autorin ist

Generalsekretärin des Katholischen Familienverbandes Österreichs.

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