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Das handle an der Daten-Autobahn

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Vorarlberg baut mit seiner Kraftwerke AG ein Daten-Highway-Netz: Chancen auch für Firmen in entlegenen Tälern.

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Vorarlberg baut mit seiner Kraftwerke AG ein Daten-Highway-Netz: Chancen auch für Firmen in entlegenen Tälern.

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Erst kürzlich wurde Vorarlbergs Wirtschaftspolitik vom „Wall Street Journal Europe” in einem ausführlichen Artikel auf der Titelseite in höchsten Tönen gelobt. Damit Vorarlberg diese wirtschaftliche Spitzenposition behalten kann, arbeitet das Land bereits intensiv an der Infrastruktur für Zukunftstechnologien - der „Datenautobahn”. Der Leiter der Wirtschaftsabteilung des Landes, Karl-Heinz Rüdisser, im Fb'r-che-Gespräch: „Die Infrastruktur besteht bereits weitgehend.”

Für die nötigen Lückenschlüsse soll die „Vorarlberger Telekommunikations-Gesmbll” sorgen, zu der sich das Land und die Vorarlberger Kraftwerke AG (VKW) zusammengeschlossen haben. Die Stelle eines Geschäftsführers soll in Kürze ausgeschrieben werden. In einigen Wochen soll sie ihre Arbeit aufnehmen. „Eine ganze Reihe von Anbietern betreibt bereits eigene Netze, neben der Post etwa die VKW, die Vorarlberger Iiiwerke oder die Bahn. Die Telekommunikationsgesellschaft soll diese Netze zusammenführen”, erläutert Büdisser.

Allein die Post hat in Vorarlberg 220 Kilometer Glasfaser-Kabel verlegt. 78 Prozent der Vorarlberger Telefon-Einzelanschlüsse sind bereits digitalisiert. Post-Sprecher Johannes Knapp: „In Vorarlberg können wir flächendeckend und ohne große Wartezeiten Anschlüsse an das ,Metropolitan Area Network' (MAN, ein extrem leistungsfähiges Breitband-Netz, Anm.) und ans ISDN bereitstellen.” Bisher bestehen in Vorarlberg erst 862 ISDN-Nutzkanäle (pro Anschluß mindestens zwei Kanäle). An das teure MAN haben sich erst sechs Betriebe angeschlossen, obwohl in Dornbirn ein eigener Knotenpunkt errichtet wurde. Erster Nutzer war das Land, das seine Dienststellen so vernetzt hat.

Landesstatthalter I lerbert Sausgruber träumt dennoch bereits von einer „Renaissance des ländlichen Raumes”. Auch Firmen in entlegenen laiern hätten durch die neuen Computernetze gieicnoerecnngten Zugang zum „globalen Dorf” der internationalen Computergemeinde.

Deshalb glaubt das Land, in den VKW den geeigneten Partner gefunden zu haben. Die Stromerzeuger haben bereits leistungsfähige Glasfaser-Kabel in jenen Tälern verlegt, in denen sie ihre Kraftwerke betreiben. Sie sollen in Zukunft allen interessierten Firmen zur Verfügung stehen. An denen mangelt es derzeit noch ~ Verkehr auf der Datenautobahn gibt es wenig.

Bertram Lampl vom Vorarlberger Technologie-Transferzentrum (VTTZ) ist von der Bichtigkeit des Ausbaus dennoch überzeugt: „Angebot schafft Nachfrage”.

Nicht nur Vorarlberger Firmen stehen erst am Anfang, wenn es gilt, die ungeheuren Möglichkeiten der neuen Technologien auszuschöpfen. Einige Pilotprojekte sollen ihre Phantasie anregen:

■ Im Gründerzentrum „Vorarlberger Wirtschafts-park” existiert die „Vorarlberg-Mailbox”, die ganz allgemein eine Kommunikationsplattform für Firmen und Private darstellen soll, um Waren und Dienstleistungen anzubieten beziehungsweise nachzufragen.

■ Das V1TZ selbst bietet eine „Bodensee-Datenbank” an, die vor allem technisch orientierten Unternehmen ihre Dienstleistungen anbietet. In Wahrheit handelt es sich dabei um mehr als 30 verschiedene Datenbanken. In einer können etwa Betriebe aus dem Bodenseeraum ihr Angebot vorstellen, eine andere wurde speziell für die For-schungs- und Entwicklungsabteilungen von Unternehmen aufgebaut. Dort finden sich unter anderem die Dissertationen und Forschungsarbeiten der Technischen Universität Wien oder der renommierten Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. „Damit können sich Unternehmen auf Knopfdruck einen Überblick zum Stand der Forschung auch auf Spezialgebieten verschaffen. Es muß nicht mehr jeder das Rad neu erfinden”, glaubt Lampl. Die „Bodensee-Datenbank” soll in Kürze auch über das „Internet”, das derzeit größte Computernetz der Welt, erreichbar sein.

Erst im Anlaufen sind zwei Projekte, die in Zusammenarbeit mit der nahen Schweiz realisiert werden. An der renommierten Hochschule St. Gallen soll eine „Electronic Mall Bodensee”, also ein elektronisches Einkaufszentrum, entstellen. Der Bechner soll es Firmen im gesamten Bodenseeraum erlauben, via „Internet” ihr Angebot zu präsentieren. „Ein Hotel am Ärlberg könnte sich dort beispielsweise mit einem kurzen Video den 40 Millionen Internet-Anwendern vorstellen. Auch die Buchung kann dann gleich am Computer erfolgen”, nennt VTTZ-Mitarbei-ter Lampl ein Beispiel. „Das ist sicher viel wirkungsvoller als ein Prospekt, wo ich nur ein Foto abdrucken kann.”

Unter dem Stichwort „virtuelle Fabrik” ist außerdem eine Kommunikationsplattform für Firmen geplant, die Überkapazitäten bei ihren Produktionsanlagen abbauen möchten. Der Standort ist zwar in der Ostschweiz, Vorarlberg will sich aber an dem Projekt beteiligen.

„Viele Firmen haben teure Anlagen angeschafft, die sie nicht voll auslasten können, während andere einen Kauf überlegen”, glaubt Lampl. „Zum Beispiel hat einer eine computergesteuerte Drehbank, die er nur für bestimmte ■ Arbeitsvorgänge braucht und die den Best der Zeit nur herumsteht. Eine andere Firma sucht genau so ein Ding.” Künftig könnte die Drehbank gemeinsam genutzt werden, indem der Nachfragende seine Konstruktionsdaten direkt in die Anlage überspielt.

Lampls Resümee: „Es passiert einiges bei uns.” Das dürfte auch nötig sein: „Noch sind wir im Bereich der Telekommunikation ja eher ein Entwicklungsland.”

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