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Ich bin Romantiker ..

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So lautet die Selbstaussage Clemens Holzmeisters in einer instruktiven autobiographischen Broschüre, die anläßlich seines 70. Geburtstages publiziert wurde. Wir erfahren darin auch, daß sein Vater Brasiliendeutscher war, der erst 1876 wieder in die tirolische Heimat zurückkehrte. Weltweite Aspekte eröffnet die dreiteilige Ausstellung (ausgeführte Werke, Entwürfe und Skizzen, Projekte für das neue Festspielhaus in Salzburg), die in der Akademie der bildenden K.ü n s t e, Wien I, Schillerplatz 3, zu sehen ist. Von B.elo Horizonte bis Ankara reicht der Spannungsbogen. Gleich uni-. versal sind die behandelten Objekte: Kathedralen, Regierungsviertel, Theater; Gedenkstätten, Hotels und Berghäuser, Paläste, Kraftwerke und, last not. least, Bühnenentwürfe in größerer Zahl.

Als Kirchenbauer''profitiert Holzmeister von den . Erkenntnissen der liturgischen Bewegung, die in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts weite Kreise erfaßte. Seine Räume zeigen Zentrierung auf das Wesentliche, auf den Schauplatz des Kultes. Er löst die Gemeinde aus individualistischer Vereinzelung und reißt sie durch klare Richtungsbauten zu den stark überhöhten Opferaltären mit sich. Puritanismus ist ihm fremd. Die Ausschaltung von Plastik und Malerei, von Mosaik und Glasfenster empfindet er als Verlust. In seinen Architekturen beheimaten sich leicht alle übrigen Künste. ..Der Dreiklang der Künste“ ist ihm Programm und innerstes Anliegen. Schon 1925 bis 1930 baut er das Bezirkskriegcr-denkmal in Lienz (Osttirol), für das A. Egger seine mächtigen und dynamischen Wandmalereien • schuf.. Finfühlsamkeit in das Bild der Landschaft und in die Traditionen der künstlerischen Vorwelt weisen auf ein vornehmes Ingenium hin: die Reinigung und Erneuerung der romanischen Basilika St. Georg in Köln (Gtasfenstet Thotn Brigger) und St. Hedwig in Berlin, der Kathedrale eines weltstadtförmig gewordenen Katholizismus (1930 bis 1932).

Die Welt zur Bühne machen, die Bühne'zur Welt— was beurkundet deutlicher den romantischen Zug des damals Vierzigjährigen (Festspielhaus Salzburg, 1926). Es ist die Zeit Max Reinhardts, der das Festspiel über Kunstbetrieb und Amüsement hinaus in sinnbildliche Regionen heben will. Die Faust-Stadt in der Felsenreitschule fiel wie die Fresken Anton Faistauers und das Mosaik Anton Koligs dem barbarischen Naturalismus des Dritten Reiches zum Opfer. Daß Holzmeister heute wieder nach Salzburg gerufen wird, um sein Werk zu erweitern und geistig zu vollenden, kann eher als Resultat eines immanenten Gesetzes im Leben des Meisters denn als äußerer Zufall aufgefaßt werden.

. Echten monumentalen Geist atmet das Gedächtnismal für die Exekutive in Ankara (1932 bis 1936), das Holzmeister kongenial mit Anton Hanak errichtet. Gewaltige Projekte bleiben Planung, so König Faisals Auftrag für einen orientalischen Königspalast, andere Bauten Torso und rufen nach Vollendung, wie die Neulandschule in Wien-Grinzmg und die dringend erforderliche Pfarrkirche Gloggnitz.

Den Architekten R. Praün und B. Engele verdanken wir die übersichtliche Anordnung des immensen Materials (nicht zuletzt mit Hilfe origineller und praktischer Stahlkonstruktionen, die den erneuerten Schausäien der Akademie das Gesicht geben).

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