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An Landesverteidigung maßgeblich beteiligt

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In den unruhigen Jahrzehnten des späten 13. und des 14. Jahrhunderts finden sich nun eine Reihe von Pröpsten ritterlicher Herkunft, die sich einerseits auf die Macht ihrer Sippe stützen, anderseits die militärische Organisation zum Schutz des Stiftes selbst in die Hand nehmen konnten. Von Propst Rudwein von Knappen (1336 bis 1349) wird berichtet, daß er sich ständig von einer Anzahl Bewaffneter begleiten und im Stiftshof zu St. Pölten stets Quartier für 40 Pferde habe bereit halten lassen. In den schweren Kämpfen zwischen den Herzogen Leopold und Ernst (1407 und 1408) legte man im Zuge einer Verstärkung der gesamten Verteidigungsanlagen am äußersten Punkt des Altstiftes gegen die Stadtseite zu ein turmähnliches Gebäude an, das in der Folge als stiftliche Waffen- und Vorratskammer diente.

Die ab 1420 einsetzenden Hussitenkriege stürzten das Land in ein Chaos, denn die mit ungeheurer Brutalität durchgeführten Einfälle der wilden Glaubenseiferer erfolgten meist kurz hintereinander und sogar in den Wintermonaten. Herzog Albrecht V. organisierte mit großer Umsicht die Verteidigung des Landes und ging sogar — soweit es ihm möglich war — zum Gegenangriff über. Die Stifte mußten ihm neben großen Geldbeträgen auch mit Bewaffneten, Fahrzeugen und Proviant zur Verfügung stehen. Eine bis dahin unbekannte Ausnützung des gesamten Wehrpotentials wurde angestrebt, das gesamte Kriegsmaterial des Landes und alle wehrfähigen Untertanen von 16 bis 70 Jahren waren listenmäßig erfaßt. An der effektiven Landesverteidigung hatte Klosterneuburg großen Anteil. Mit geradezu pedantischer Genauigkeit ist in den stiftlichen Rechnungs- büchern eingetragen, wieviele Pferde, Heerwagen, Waffen und Soldaten dem Herzog zur Verfügung gestellt worden waren, wieviel alles kostete und ebenso, was alles anschließend repariert werden mußte. In einmaliger Kontinuität läßt sich der Werdegang der stiftlichen Rüstungen durch die Jahrhunderte verfolgen.

Das Stift wehrte sich

Das Zeitalter Friedrichs III. war noch bewegter und unruhiger als die vergangene Epoche. Abgedankte Söldner machten das Land unsicher und wollten sich vor allem an den finanziell kräftigen Klöstern schadlos halten. Däs Stift wurde immer mehr in den Strudel der Ereignisse hineingezogen und hatte sich mit allen Kräften zu wehren, um nicht unterzugehen.

Friedrich III. mußte fast seine ganze Regierungszeit hindurch einen Kampf im wahrsten Sinne bis aufs Messer führen, um sich als Landesfürst gegen die zahlreichen malkontenten Adeligen, die ihm aus den mannigfachsten Gründen Fehde ansagten und die oft über eine größere militärische Macht als der Landesherr verfügten, durchzusetzen; so etwa Pankraz von Galicz, Wenko von Ruchenau, Gamaret Fronauer oder die Söldnerführer Watzlaw Wultschegk und Sesime Weitnacher. Nicht umsonst führt diese Epoche der engeren Landesgeschichte den Namen eines „Faustrechtzeitalters“.

Unsummen Geldes gab der Propst von Klosterneuburg für Waffen und Munition aus. Erstaunlich ist vor allem die große Anzahl von Kanonen und Feuergewehren, über die das Stift schon damals verfügte. Zur Wartung des großen Bestandes wurden eigene Büchsenmacher und Geschützmeister angestellt. Immer wieder wandte sich Friedrich III. an den Propst und verlangte die Stellung von Bewaffneten zu Pferd und zu Fuß, um, militärische Unternehmungen gegen die Landfriedensbrecher durchführen zu können. In den meisten Fällen erreichten die Truppen des Landesfürsten kaum mehr als bescheidene Achtungserfolge.

Klosterneuburgs militärische Unterstützung

In den Kämpfen zwischen den Anhängern Friedrichs und des jungen Ladislaus Ppstumus begehrten beide Parteien vom Klosterneuburger Propst militärische Unterstützung;

ebenso in den heftigen Auseinandersetzungen zwischen Friedrich und seinem Bruder Albrecht VI. Kaum hatten sich die inneren Gegensätze durch den Tod der Gegenspieler Ladislaus und Albrecht einigermaßen beruhigt, als plötzlich die Böhmen unter Podiebrad ins Land fielen. Kurze Zeit später brachen die Ungarn unter Matthias Corvinus ein. In einem Handstreich wurde die stiftliche Streitmacht ausgeschaltet und anschließend das Kloster geplündert. Nach einem kurzen Zwischenspiel standen die Ungarn neuerlich im Land und hielten sich, bis sie König Maximilian im Herbst 1490 vertreiben konnte. In den Septembertagen des Jahres 1490 verschanzten sich ausgerechnet im Stift Klosterneuburg ungarische Truppen, und es bedurfte der ausgezeichneten Artillerie unter der persönlichen Führung des jungen Maximilian, um den Widerstand zu brechen.

Die neuere historische Forschung hat ein ganz anderes Bild der Persönlichkeit Friedrichs III. geprägt und läßt heute diesen Herrscher in einem wesentlich günstigeren Licht erscheinen. Sinnfälliger Ausdruck dafür ist die glanzvolle Ausstellung in Wiener Neustadt. Man wird aber auch seine Politik und seine Handlungen besser begreifen, wenn man die ungeheuren Schwierigkeiten — vor allem in militärischer Hinsicht — betrachtet. An dem Beispiel der Kriegsrüstungen des Stiftes sieht man, wie sehr der Landesfürst um jedes auch noch so geringe Truppenkontingent ersuchen mußte, wie lange es tatsächlich dauerte, bis Soldaten in genügender Anzahl beisammen waren und wie schwer es war, mit den bunt zusammengewürfelten Haufen etwas zu unternehmen. Dazu kam, daß die kaiserlichen Söldner — kaum in der Hand ihrer Führer — nur allzu leicht geneigt waren, sich wie im Feindesland aufzuführen und sich den Sold selbst einzutreiben. Am Ende des Spätmittelalters befand sich das Kriegswesen außerdem gerade in einem Übergangsstadium, während Ungarn und Böhmen in vielen Dingen schon moderner organisiert waren.

Das 16. Jahrhundert mit der ständigen Bedrohung durch die Osmanen brachte jedoch den absoluten Höhepunkt der stiftlichen Kriegsrüstungen. Unter Propst Georg II. Haus- mannstetter (1509 bis 1541), der die Zeughäuser Maximilians auf seinen Reisen kennengelernt hatte, erfuhr die Rüstkammer eine enorme Bereicherung ihres Bestandes. Vor allem die Waffe der Zukunft — die Artillerie — wurde am meisten bevorzugt. Für seinen persönlichen Schutz hielt er sich eine Garde, die er mit schönen silberbeschlagenen Waffen ausstatten ließ.

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